„Die Befürworter einer Einschränkung der Verfügungsmacht des Patienten argumentieren mit einem angeblichen Spannungsverhältnis zwischen der freien Entscheidung des Bürgers und seinem – angeblich – objektiv bestimmbaren Wohl. Oder sie berufen sich auf eine Pflicht des Staates zum Lebensschutz. Ich möchte hier nicht diskutieren, ob der Staat im Wege des Gesetzes gegen den freien Willen des Betroffenen körperliche Eingriffe mit dem Ziel des Lebensschutzes ermöglichen darf. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer derartigen Vorgabe besteht mit Sicherheit nicht. Also müssen wir das Ergebnis dieser Meinung politisch bewerten: Diejenigen, die sich selbst zum Schützer fremden Lebens ernannt haben, kommen im Ergebnis dazu, die Freiheit der Bürger aus Fürsorgegründen in einem zentralen Kernbereich der Selbstbestimmung einzuschränken. Sie begründen dies mit dem angeblich „objektiv“ bestimmbaren Wohl der Betroffenen. Ich weiß nicht, woher sie den Maßstab dieses „objektiven“ Wohls hernehmen wollen. Das menschliche „Wohl“ ist aus meiner Sicht im Gegenteil eine sehr subjektive Angelegenheit. Die angebliche „Objektivität“ des Wohls wird dadurch erzeugt, dass der Maßstab des Betroffenen durch den eigenen Maßstab ersetzt wird. Ich halte dies für nicht verantwortbar. Wir Abgeordneten des Deutschen Bundestages sollten uns im Gegenteil damit bescheiden, den Bürgerinnen und Bürgern den Rahmen für eine – mögliche – Entscheidung zur Verfügung zu stellen. Wir können und sollten nicht anstelle der Bürger entscheiden wollen…“
„Diese durch die Ungleichbehandlung verursachte Schutzlücke wird nicht durch andere vom Gesetz eröffnete Möglichkeiten aufgefangen.“ Und:
„Bei § 1906 Abs.3 BGB handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine den Betroffenen jedenfalls auch begünstigende Vorschrift.“
Dementsprechend stellen sich zivilrechtliche Unterbringungen und ärztliche Zwangsmaßnahmen nicht nur als Grundrechtseingriffe, sondern vor allem auch als den Betroffenen begünstigende Maßnahmen der staatlichen Fürsorge dar. Ihr Zweck besteht neben ihrer die Eingriffsvoraussetzungen festlegenden und damit Grundrechtseingriffe beschränkenden Funktion insbesondere darin, den Anspruch des Betroffenen auf Schutz und Behandlung umzusetzen, wenn er krankheitsbedingt keinen freien Willen bilden kann und sich dadurch erheblich schädigen würde (vgl. Lipp FamRZ 2013, 913, 919).
Dass dies nur mittels schwerwiegender Eingriffe in die Grundrechte des Betroffenen möglich ist, ändert an diesem begünstigenden Charakter nichts.