Schirmherr:
Gert Postel
Geschäftsstelle: |
Gutachterliche Stellungnahme
Ratifikation
der UN Disability Convention vom 30.03.2007 und Auswirkung auf die
Gesetze für so genannte psychisch Kranke (2. überarbeitete Fassung)
Auftraggeber:
Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e. V.
1.
Einschlägige Regelungen der BRK Eine amtliche deutschsprachige Übersetzung
der in Englisch, Französisch, Spanisch, Arabisch, Russisch und Chinesisch
authentisch vorliegenden Konvention liegt zum Zeitpunkt dieser Stellungnahme
noch nicht vor. Allerdings haben die deutschsprachigen Länder Deutschland,
Lichtenstein, Österreich und die Schweiz inzwischen eine gemeinsame
Übersetzung abgestimmt
[43]
. Im Folgenden wird zunächst von der englischsprachigen
Fassung der BRK
[44]
und von der abgestimmten deutschsprachigen Übersetzung
ausgegangen, wobei ggf. für eine am Wortlaut zu orientierende Auslegung
der BRK nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der Art. 31ff der
Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) allein die gültigen authentischen
Fassung maßgeblich sind
[45]
. Wie bei völkerrechtlichen Verträgen üblich
stellt die Präambel ausführlich die Intention der Vertragsstaaten
und den Bezug zur Charta der Vereinten Nationen und zu bisherigen
völkerrechtlichen Vereinbarungen dar. Von besonderer Bedeutung scheinen
für die vorliegende Fragestellung die lit. b), e), j) und n) der Präambel.
Hierin heißt es auszugsweise: "Die Vertragsstaaten
dieses Übereinkommens, ... b) in der Erkenntnis,
dass die Vereinten Nationen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
und in den Internationalen Menschenrechtspakten verkündet haben und
übereingekommen sind, dass jeder Mensch ohne Unterschied Anspruch
auf alle darin aufgeführten Rechte und Freiheiten hat, ... e) in der Erkenntnis,
dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt
und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit
Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren
entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten
Teilhabe an der Gesellschaft hindern, ... j) in Anerkennung
der Notwendigkeit, die Menschenrechte aller Menschen mit Behinderungen,
einschließlich derjenigen, die intensivere Unterstützung benötigen,
zu fördern und zu schützen, ... n) in der Erkenntnis,
wie wichtig die individuelle Autonomie und Unabhängigkeit für Menschen
mit Behinderungen ist, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen
zu treffen, ... haben Folgendes vereinbart..."
Artikel 1 BRK bezeichnet als Zweck des Übereinkommens
die Förderung, den Schutz und die Gewährleistung der vollen und gleichberechtigten
Ausübung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle behinderten
Menschen sowie die Verpflichtung zur Förderung der Achtung der dieser
Menschen angeborenen Würde. Als behinderte Menschen werden nach Artikel
1 Abs. 2 BRK i.V.m. der Präambel lit. e) BRK Menschen mit langfristigen
körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen
bezeichnet, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren
an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft
hindern können. Nach Artikel 2 Abs. 3 BRK wird als Diskriminierung
auf Grund einer Behinderung jede Unterscheidung, Ausschließung oder
Beschränkung aufgrund einer Behinderung bezeichnet, die zum Ziel oder
zur Folge hat, dass die auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete
Anerkennung, die Inanspruchnahme oder Ausübung aller Menschenrechte
und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen,
bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt
wird. Sie umfasst alle Formen der Diskriminierung, einschließlich
der Verweigerung angemessener Vorkehrungen. Allgemeine Grundsätze nach Artikel 3 BRK sind
unter anderem die Achtung der Autonomie des Einzelnen, einschließlich
der Freiheit zu eigenen Entscheidungen
[46]
, die Unabhängigkeit der Person, Nichtdiskriminierung
[47]
, die volle und wirksame Teilnahme und Teilhabe
am gesellschaftlichen Leben
[48]
sowie der Respekt vor der Unterschiedlichkeit und
die Akzeptanz behinderter Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt
und des Menschenseins
[49]
. Nach diesen allgemeinen Zweck- und Begriffbestimmungen
verpflichten sich die Vertragsstaaten im Besonderen unter anderem
zur gleichberechtigten Anerkennung von Behinderten als rechtsfähige
Personen
[50]
, zur Gewährleistung der persönlichen Sicherheit
und Freiheit behinderter Menschen
[51]
, der Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher
oder erniedrigender Behandlung und dem Schutz der Unversehrtheit behinderter
Menschen
[52]
. Mit Artikel 4 BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten,
alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen
zur Umsetzung der in der BRK anerkannten Rechte vorzunehmen, insbesondere
bestehende Gesetze aufzuheben oder zu ändern, die eine Diskriminierung
behinderter Menschen darstellen
[53]
. 2. Psychisch Kranke nach § 1 PsychKG Bln als
Behinderte im Sinne von Art. 1 BRK Die Vorschriften der Psychisch-Kranken-Gesetze
müssen sich bei Ratifikation der BRK an den in dieser festgelegten
Standards messen lassen, wenn die psychisch Kranke im Sinne des PsychKG
Bln dem Begriff der behinderten Menschen im Sinne der Präambel lit.
e) und Art. 1 Abs. 2 BRK unterfallen. Als psychisch Kranke im Sinne von § 1 Abs.
2 PsychKG Bln gelten solche Personen, die an einer Psychose oder an
einer psychischen Störung, die in ihren Auswirkungen einer Psychose
gleichkommt, leiden und bei denen ohne Behandlung keine Aussicht auf
Heilung oder Besserung besteht. Ferner werden vom PsychKG auch solche
Personen erfasst, bei denen eine mit dem Verlust der Selbstkontrolle
einhergehende Abhängigkeit von Suchtstoffen besteht. Das PsychKG Bln
findet nach § 1 Abs. 3 ferner auch Anwendung auf geistig behinderte
Personen (in diesem Rahmen nicht auf seelisch Behinderte), bei denen
ohne eine Behandlung keine Aussicht auf Besserung gegeben ist
[54]
. Das PsychKG Bln lehnt damit zwar an einen
medizinischen Krankheitsbegriff an. Die Auslegung des PsychKG Bln
bleibt jedoch Rechtsanwendung, welche dem erkennenden Richter die
Auslegung von § 1 Abs. 2 und 3 PsychKG Bln und die teleologische Handhabung
seiner Begrifflichkeit im Sinne des Unterbringungsrechts abverlangt
[55]
. Der Begriff der Psychose ist auch in medizinischen
Fachkreisen weitgehend umstritten, weshalb das internationale Klassifikationssystem
ICD-10 heute bereits nicht mehr den Begriff der Psychose, sondern
den Begriff der psychotischen Störung verwendet
[56]
. Als psychotisch soll danach eine heterogene Gruppe
von Störungen verstanden werden, die sich etwa durch Wahnvorstellungen,
Halluzinationen und andere Warnnehmungsstörungen sowie durch eine
"schwere Störung des normalen Verhaltens" charakterisiert
[57]
. Der Definition nach gibt es bei diesen Störungen
keine Hinweise für eine organische Verursachung
[58]
. Insoweit kann unabhängig von der aus medizinischer
Sicht zu beurteilenden Frage, ob eine psychische Erkrankung im Sinne
der Psychisch- Kranken- Gesetze überhaupt rechtssicher definiert werden
kann
[59]
, jedoch festgehalten werden, dass sowohl die Rechtssprechung
als auch die Medizin bei der Feststellung der psychotischen Störung
bzw. einer in ihren Auswirkungen dieser gleichkommenden psychischen
Störung von einer durch Wahrnehmungsstörungen gekennzeichneten Abweichung
vom Normalverhalten ausgehen
[60]
. Geistig Behinderte im Sinne von § 1 Abs. 3
PsychKG Bln sollen ferner solche Menschen sein, bei denen infolge
einer schwerwiegenden intellektuellen Beeinträchtigung die Urteils-
und Kritikfähigkeit weitestgehend gemindert oder aufgehoben ist
[61]
. Suchtabhängige Menschen werden von § 1 Abs. 2
PsychKG Bln nur erfasst, wenn die Abhängigkeit entweder Folge einer
anderweitig erfassten psychischen Erkrankung ist oder der durch die
Sucht verursachte Abbau der Persönlichkeit bereits den Wert einer
psychischen Krankheit erreicht hat
[62]
. Es stellt sich die Frage, ob die von Ärzten
und Richtern so definierte Personengruppe unter den Begriff der behinderten
Menschen nach der BRK fällt. Die Frage, ob und wie eine rechtliche Definition
von Menschen mit Behinderung erfolgt, war im Entstehungsprozess der
Konvention bis zum Ende eine der umstrittensten und konnte auch durch
den nunmehr unterschriebenen Konventionstext nicht vollständig gelöst
werden
[63]
. Erzielt werden konnte jedoch im Ergebnis eine
Vertragsfassung, die in Überwindung der Perpetuierung eines veralteten
rein medizinischen Vorstellungsbildes von Behinderung nunmehr auf
ein Zusammenspiel zwischen medizinischen und sozialen Faktoren abstellt
[64]
. Diese Definition findet sich in der Präambel unter
lit. e) wieder und ist entscheidend zum Verständnis des Gesamtkonzeptes
der BRK heranzuziehen
[65]
. Die BRK geht damit von einem neuartigen und
bislang in dieser Konsequenz noch nicht verfolgten Begriffs der (Menschen
mit) Behinderung aus. In Überwindung des so genannten Defizit-Ansatzes,
der sich traditionell an der Fürsorge und dem Ausgleich vermeintlicher
Defizite des Einzelnen orientiert, verfolgt die BRK mit dem so genannten
Diversity-Ansatz einen Paradigmenwechsel
[66]
. Sie gibt damit einen wichtigen neuen Impuls für
die Weiterentwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes
[67]
. Die BRK geht, ohne den Leidens- und Problemdruck
des individuell Betroffenen zu übersehen, davon aus, dass Menschen
mit Behinderung als Teil menschlicher Gesellschaft und darüber
hinaus als kulturelle Bereicherung Wert geschätzt werden sollen.
Nach Art. 3 lit. d) BRK sind der Respekt vor der Unterschiedlichkeit
und die Akzeptanz behinderter Menschen als Teil der Vielfalt und des
Menschseins gewichtige Grundsätze der BRK. Dabei wird Behinderung
als gesellschaftliche Konstruktion verstanden und nicht mehr als gleichsam
objektives Defizit des Betroffenen
[68]
. Artikel 1 Abs. 2 BRK geht davon aus, dass unter
anderem eine langfristige seelische Schädigung für behinderte
Menschen im Sinne der BRK charakteristisch ist. Auf der anderen Seite
stellt die BRK klar, dass Behinderung im Sinne der BRK gerade nicht
im Sinne einer natürlichen Beeinträchtigung des Individuums
gesehen werden soll, sondern die gesellschaftliche und vorliegend
die Rechtspraxis bestimmt, ob sie eine Beeinträchtigung des Individuums
zum Anlass für eine rechtliche Zuschreibung macht
[69]
. Der Behinderungsbegriff der BRK geht damit
weiter, als der von der Rechtsprechung entwickelte Begriff der Behinderung
im Rahmen von Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG
[70]
. Dieser stellt allein auf eine dauerhafte Funktionsbeeinträchtigung
ab, die auf einem regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand
beruht
[71]
. Der in Deutschland auch durch das Bundesverfassungsgericht
herangezogene Behinderungsbegriff ist damit von einem klassischen
Bild des auszugleichenden vermeintlichen Defizits geprägt
[72]
. Behinderung im Sinne der BRK ist jedoch nicht
in individueller natürlicher Beeinträchtigung des Individuums zu sehen,
sondern durch eine gesellschaftliche Praxis bestimmt, die solche Beeinträchtigung
zum Anlass für Zuschreibungen macht
[73]
. Eine solche Zuschreibung trifft zweifelsfrei
auf die Gruppe der von § 1 Abs. 3 PsychKG Bln so benannten geistig
behinderten Menschen zu, da das PsychKG Bln diese Menschen aufgrund
einer dauerhaften physisch funktionalen Einschränkung seinem Anwendungsbereich
unterstellt und damit besonderen Einschränkungen unterwirft. Im weitergehenden
soll jedoch schwerpunktmäßig auf den Personenkreis der sog. psychisch
Kranken im Sinne von § 1 Abs. 2 PsychKG Bln. abgestellt werden, da
dieser den größten Anteil und Betroffenen stellt. Das PsychKG Bln geht davon aus, dass Menschen,
die nach Auffassung der Rechtssprechung und psychiatrischen Schulmedizin
ein krankhaft abnormes Verhalten im Sinne einer psychotischen Störung
oder Suchtmittelabhängigkeit aufweisen, besonderer gesetzlich
geregelter, ggf. zwangsweise durchgeführter Behandlung bedürften.
Insoweit muss der Personenkreis, welcher nach der Rechtsprechung unter
die Anwendung des PsychKG Bln fällt, als behinderte Menschen
im Sinne der Präambel lit. e) und Art. 1 Abs. 2 BRK verstanden
werden, und zwar unabhängig davon, ob bei ihnen tatsächlich
ein "psychisches Defizit" besteht oder nicht. Vereinfacht
gesagt: Die betroffene Personengruppe wird aufgrund angenommener Verhaltensabweichungen
von der "Norm" einer Unterbringung bzw. Behandlung zugewiesen
[74]
. Die so bezeichneten psychisch Kranken werden durch
diese gesellschaftliche Reaktion als behindert eingestuft, was im
Sinne der BRK tragendes Merkmal der Definition behinderter Menschen
ist. Durch den Behinderungsbegriff der BRK wird damit sichergestellt,
dass psychisch behinderte Menschen nicht als "krank" eingestuft,
sondern in den Schutzbereich des Übereinkommens einbezogen werden
[75]
. 3. Vereinbarkeit der Zwangsunterbringung nach
den §§ 8f. PsychKG Bln mit Art. 14 BRK Nach Artikel 14 BRK gewährleisten die Vertragsstaaten,
dass behinderte Menschen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf
persönliche Freiheit genießen und diese Freiheit nicht rechtswidrig
oder willkürlich entzogen werden darf. Etwaige Freiheitsentziehungen
müssen im Einklang mit dem Gesetz stehen. Keinesfalls darf das Vorliegen
einer Behinderung die Freiheitsentziehung rechtfertigen. Artikel 14 Abs. 2 BRK regelt ferner, dass
die Vertragsstaaten gewährleisten, dass behinderte Menschen, denen
aufgrund eines Verfahrens ihre Freiheit entzogen wird, gleichberechtigten
Anspruch auf die in den internationalen Menschenrechtsnormen vorgesehenen
Garantien haben und im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der
BRK, einschließlich durch die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen,
behandelt werden
[76]
. a) Einschränkung des Rechts auf Freiheit,
Art. 14 Abs. 1 lit. a) BRK Für die Auslegung der Konvention finden
die Grundsätze der Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen
Anwendung, insbesondere die allgemeinen Regeln der Art. 31ff WVK .
Danach ist zunächst auf den authentischen Wortlaut und dessen
am Schutzziel orientierte völkerrechtlich autonome Auslegung
abzustellen
[77]
. Der in den authentischen Texten verwendete Begriff
"liberty" bzw "liberté" (frz.) ist mit den Freiheitsbegriffen
aus Art. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK
[78]
) oder Art. 9 IPBPR identisch. Da sich die BRK in
die bestehenden internationalen Menschenrechtskonventionen einreiht,
kann auf diese bestehende und dynamisch weiterentwickelte Definition
des Freiheitsbegriffs zurückgegriffen werden. Danach fällt
unter den geschützten Freiheitsbegriff allein die körperliche
Bewegungsfreiheit, also die Freiheit, ungehindert von Zwang selbst
seinen Aufenthaltsort zu bestimmen
[79]
. Durch eine zwangsweise Unterbringung in einer
geschlossenen Einrichtung gegen den Willen des Betroffenen, wie sie
§ 8 Abs. 1 PsychKG ermöglicht, wird die körperliche Bewegungsfreiheit
des Betroffenen unzweifelhaft eingeschränkt. b) Rechtfertigung der Freiheitsbeschränkung,
Umkehrschluss aus Art. 14 Abs. 1 lit. b),
Abs. 2 BRK Auch die BRK schließt nicht grundsätzlich
aus, dass eine Beschränkung der persönlichen Freiheit bei behinderten
Menschen erfolgen kann
[80]
. Dies folgt aus Art. 14 Abs. 1 lit. b), Abs. 2
BRK. Dort ist einerseits dargestellt, welche Gesichtspunkte eine Einschränkung
des Freiheitsrechtes bei Behinderten verbieten, andererseits aber
auch, dass eine Freiheitsentziehung grundsätzlich im Einklang mit
dem Gesetz des jeweiligen Vertragsstaates erfolgen kann. Indem das PsychKG Bln eine Freiheitseinschränkung
bei behinderten Menschen regelt, widerspricht es damit nicht grundsätzlich
Art. 14 Abs. 1 lit. b) BRK. Voraussetzung ist jedoch, dass das der
Freiheitsentziehung zugrunde liegende Gesetz wiederum in Einklang
mit der BRK zu bringen ist - namentlich das Vorliegen einer Behinderung,
auch in dem Fall, dass dies durch Gesetz vorgesehen ist, in keinem
Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigen kann
[81] . Auf der anderen Seite stellt § 8 Abs. 1 S.
1 PsychKG Bln nicht allein auf eine psychische Erkrankung im Sinne
des PsychKG Bln als Voraussetzung für die Zwangsunterbringung ab.
Vielmehr verlangt § 8 Abs. 1 PsychKG Bln das Vorliegen einer erheblichen
Gefahr aufgrund des krankheitsbedingten Verhaltens des Betroffenen.
Würde man in diesem Rahmen Art. 14 Abs. 1 lit. b) BRK dahingehend
interpretieren, dass allein das Vorliegen einer Behinderung
eine Freiheitsentziehung nicht rechtfertigen würde, so wäre die Zwangsunterbringung
nach dem PsychKG Bln gegebenenfalls mit der BRK vereinbar, wenn eine
spezifische Gefährlichkeit unabhängig von dem Vorliegen einer Behinderung
die Freiheitsentziehung rechtfertigt. Insoweit ist die BRK auslegungsbedürftig.
Art. 14 Abs. 1 lit. b) BRK bezeichnet nur solche Freiheitsentziehungen
als unzulässig, die durch das Vorliegen einer Behinderung gerechtfertigt
werden. aa) Keine unmittelbare Kausalität zwischen Freiheitsentzug und Behinderung
- "fürsorglicher" Freiheitsentzug als Zugang zur Unterstützung? Der Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 lit. b) BRK
lässt die Auslegung zu, dass eine Freiheitsentziehung, die nicht allein
das Vorliegen einer Behinderung voraussetzt, sondern aufgrund der
Auswirkungen dieser Behinderung gerechtfertigt wird, mit der BRK vereinbar
wäre. Nach § 8 Abs. 1 PsychKG Bln muss neben dem
Vorliegen der psychischen Erkrankung eine Gefahr für erhebliche Rechtsgüter
bestehen. Es erscheint daher nicht unplausibel eine Vereinbarkeit
mit der BRK anzunehmen, wenn § 8 Abs. 1 PsychKG Bln die Freiheitsentziehung
nicht kausal auf das Vorliegen einer psychischen Krankheit zurückführt.
Demnach wäre der Freiheitsentzug nicht allein durch das Vorliegen
einer Behinderung im Sinne einer psychischen Krankheit nach § 1 Abs.
2, 3 PsychKG gerechtfertigt, sondern vielmehr durch zusätzliche Gefahrenmomente.
Dann wäre § 8 Abs. 1 PsychKG Bln ggf. mit der BRK vereinbar. Für eine solche Vereinbarkeit spricht, dass
die BRK selbst davon ausgeht, dass freiheitsentziehende Maßnahmen
grundsätzlich auch gegen den Willen von behinderten Menschen stattfinden
können. Soweit regelt Art. 14 Abs. 2 BRK sogar explizit, dass das
Vorliegen einer Behinderung bei der Vollstreckung freiheitsentziehender
Maßnahmen und den damit einhergehenden Verfahren beachtet werden muss
und dem Betroffenen entsprechende Zugangs- und Unterstützungsmöglichkeiten
gewährt werden müssen. Ferner ist im Umkehrschluss nach dem Wortlaut
von Art. 14 Abs. 1 lit. b) BRK jede rechtmäßige, nicht willkürliche
und nicht auf dem Vorliegen einer Behinderung beruhende Freiheitsentziehung
durch die BRK nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Insoweit wäre vertretbar,
es im Beurteilungsspielraum der Vertragsstaaten zu belassen, wie sie
Gefahren einschätzen und ob sie bestimmten Personengruppen behinderter
Menschen ein höheres Gefahrenpotential zuweisen oder nicht, solange
sie bei dem Entzug der Freiheit dieser Menschen nicht allein auf das
Vorliegen einer Behinderung abstellt. Im Lichte von Art. 12 Abs. 3 BRK könnte das
PsychKG Bln auch derart gelesen werden, dass es ein Ziel des Gesetzes
ist, behinderten Menschen den Zugang zur Unterstützung zu ermöglichen,
damit diese ihre Rechts- und Geschäftsfähigkeit bzw. Handlungsfähigkeit
wieder ausüben können. Jedenfalls die Dogmatik des PsychKG lässt diesen
Schluss zu. Denn neben dem Ziel der Sicherung soll die Besserung des
Betroffenen im Vordergrund stehen. Die angenommene psychische Erkrankung
soll durch Behandlung geheilt oder zumindest der Zustand verbessert
werden. Danach wäre die Zwangunterbringung zur zwangsweisen Behandlung
durch den Fürsorgeansatz
[82]
gerechtfertigt ggf. eine Unterstützung, um dem
Betroffenen zukünftig auch gegen oder ohne seinen Willen wieder eine
vollständige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. bb) Rechtfertigung des Freiheitsentzuges zumindest
mittelbar aufgrund von Behinderung Dafür, dass eine Zwangsunterbringung nach
dem PsychKG Bln mit Art. 14 der BRK nicht vereinbar ist, spricht auf
der anderen Seite eine authentische und teleologische Auslegung der
BRK. Bereits die Präambel der BRK, die nach
Art. 31 Abs. 2 WVK ausdrücklich in die Auslegung des Wortlautes
mit einbezogen werden muss, beschreibt den der BRK zugrunde liegenden
Paradigmenwechsel
[83]
. Eine Behinderung wird dort angenommen, wo Menschen
mit Beeinträchtigungen mit einstellungsbedingten Barrieren konfrontiert
werden - dort, wo die von der BRK ausdrücklich gewollte Vielfalt
der Menschen auf Grenzen und Beschränkungen etwa im geltenden
Recht und dessen praktischer Anwendung stößt. Die BRK setzt
damit bereits in ihrer Präambel als grundlegend voraus, dass
es für behinderte Menschen von erheblicher Wichtigkeit ist, individuelle
Autonomie und Unabhängigkeit zu besitzen, einschließlich
der Freiheit, eigene Entscheidungen treffen zu können. Darauf
aufbauend definiert die BRK auch den Begriff der behinderten Menschen
in Art. 1 Abs. 2 BRK. In diesem Licht verpflichten sich die Vertragsstaaten
durch Art. 12 Abs. 2 BRK, anzuerkennen, dass Menschen in allen Lebensbereichen
gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Geschäftsfähigkeit
bzw. Handlungsfähigkeit ("legal capacity") genießen. Sowohl der mit der BRK verfolgte Diversity-Ansatz
[84]
als auch der vielfach betonte Aspekt der Diskriminierungsfreiheit
[85]
können demnach nicht dazu führen, dass Freiheitsentzug
der tatbestandlich zumindest auch das Vorliegen einer Behinderung
voraussetzt, gerechtfertigt werden kann. Dabei bleibt es den Vertragsstaaten
unbenommen, Möglichkeiten der Freiheitsentziehung auch zur Gefahrenabwehr
zu regeln. Nur dürfen solche Regelungen nach Art. 14 Abs.1 lit.b)
BRK nicht auf das Vorliegen einer Behinderung als Voraussetzung abstellen
[86]
. An diesem Maßstab muss auch die Regelung der
Zwangsunterbringung nach dem PsychKG Bln gemessen werden. Zwar fordert
das Gesetz insoweit eine erhebliche Gefahr aufgrund der psychischen
Erkrankung des Betroffenen, weshalb die Zwangsunterbringung vorgenommen
werden soll. Auf der anderen Seite ist diese Gefahr nach dem PsychKG
von ihrer causa, der so genannten psychischen Erkrankung, nicht trennbar.
Eine isoliert betrachtete mögliche Gefährlichkeit der Betroffenen
reicht für eine Unterbringung nach § 8 Abs. 1 PsychKG nicht aus. Diese
vermeintliche Gefährlichkeit muss gerade aus der psychischen Erkrankung
resultieren. Die psychische Krankheit des Betroffenen im Sinne von
§ 1 Abs. 2, 3 PsychKG ist damit conditio sine qua non für die Unterbringung.
Besteht, unabhängig von einer psychischen
Erkrankung, eine Gefährlichkeit des Betroffen, so wäre dieser allenfalls
nach allgemeinen Gefahrenabwehrgesetzen, in Berlin nach § 30 ASOG,
in Gewahrsam zu nehmen. Denn wird von einer Gefährlichkeit einer Person,
unabhängig von deren Einstufung als psychisch Kranker, ausgegangen,
so wäre eine Freiheitsentziehung allein auf allgemeiner gesetzlicher
Grundlage, die nicht auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung
abstellt, gerechtfertigt. Nach § 30 ASOG ist es der Polizei erlaubt,
eine Person in Sicherungsgewahrsam zu nehmen. Voraussetzung dafür
ist, dass dies zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder
Leben unerlässlich ist oder eine Straftat verhindert werden soll,
die unmittelbar bevorsteht oder fortgesetzt werden soll. Zwar ist
der polizeiliche Gewahrsam in Berlin auf maximal 48 Stunden begrenzt.
Auf der anderen Seite muss dieser Zeitrahmen der Freiheitsentziehung
ausreichen, um unmittelbare Gefährdungslagen zu beseitigen. Während
der Zeit der Freiheitsentziehung kann an den Betroffenen mit Hilfs-
und Beratungsangeboten herangetreten werden, die auf freiwilliger
Basis längerfristig fortgesetzt werden können. Daneben oder ergänzend
stehen der Polizei zur Gefahrenabwehr weitere polizeiliche Maßnahmen,
wie Beobachtung, Platzverweise oder ggf. eine erneute Ingewahrsamnahme
zur Verfügung. Nicht anders wird es derzeit bei Personen praktiziert,
die nicht als psychisch krank, aber als gefährlich eingestuft werden.
So können beispielsweise weder als gewaltbereit eingestufte Hooligans,
Stalker, akut rückfallgefährdete Sexualstraftäter noch sonstige als
gefährlich eingestufte Personen länger als 48 Stunden aufgrund polizeirechtlicher
Maßnahmen untergebracht werden. Die Zwangsunterbringung nach dem PsychKG Bln
erfolgt im Unterschied zu den allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzen
allein aufgrund der psychischen Erkrankung, wenn diese auch in der
speziellen Form vorliegen muss, dass aus ihr eine erhebliche Gefährlichkeit
resultieren soll
[87]
. Auf diese Weise ist auch die Rechtsprechung zu
verstehen, die eine Unterbringung nach dem PsychKG auch dann für rechtmäßig
erachtet, wenn die psychische Erkrankung aufgrund der "Unberechenbarkeit
des Betroffenen" bereits eine mögliche erhebliche Gefahr inkludiere.
Anknüpfungspunkt ist demnach hinsichtlich der Zwangsunterbringung
nach dem PsychKG Bln allein das Vorliegen einer psychischen Erkrankung,
aufgrund derer eine mögliche Wahrscheinlichkeit eines Gefahreneintritts
bestehen soll, der nicht anders als durch Zwangsunterbringung abgewendet
werden kann. Die Zwangsunterbringung nach dem PsychKG Bln
stellt sich nicht als spezifische Gefahrenabwehrreglung dar, sondern
verlangt vom Untergebrachten ein Sonderopfer, damit der Staat seine
Aufgaben im Rahmen der Gesundheitsversorgung wahrnehmen kann
[88]
. Betrachtet man die Regelung des § 8 Abs. 1 PsychKG
Bln als notfalls zwangsweise ausgeführte staatliche Fürsorge, wofür
auch die Zweckbestimmung aus § 2 PsychKG Bln spricht, dann ist diese
Zwangsfürsorge jedoch nicht maßgeblich auf die Notwendigkeit der Gefahrenabwehr
zurück zu führen. Gefahrenabwehr kann ohnehin nach den Polizeigesetzen
realisiert werden. Die Zwangsunterbringung setzt vorrangig eine nach
Einschätzung von Ärzten und Gerichte vorliegende psychische Erkrankung
in einer bestimmten Form voraus. Um den Betroffenen von dieser vermeintlichen
Beeinträchtigung zu heilen, soll ihm im Wege eines Sonderopfers auferlegt
werden können, eine Freiheitsentziehung zu dulden. Folgt man dieser
Analyse, so stellt das PsychKG Bln in der Auslegung durch die Fachgerichte
maßgeblich und kausal auf das Vorliegen der Behinderung, nämlich der
Feststellung der psychischen Erkrankung im Sinne von § 1 Abs. 2 PsychKG
Bln ab. Dies kann jedoch auch im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 lit. b)
2. Halbsatz BRK eine Freiheitsentziehung nicht rechtfertigen. cc) Diskussion Betrachtet man die Regelung zur Zwangsunterbringung
im Lichte des mit der BRK verfolgten Diversity-Ansatzes, so stellt
sich § 8 Abs. 1 PsychKG Bln als unvereinbar mit Art. 14 Abs. 1 BRK
dar. Mit der Möglichkeit der Zwangsunterbringung verfolgt der Gesetzgeber
unter anderem das Konzept, den Betroffenen zwangsweise von einer psychotischen
Störung oder einer Störung mit ähnlichen Auswirkungen zu befreien.
Diese Sichtweise ist charakteristisch für die Ansicht, dass bei durch
sog. psychische Erkrankung behinderten Menschen ein Defizit besteht,
welches, notfalls auch zwangsweise, behoben werden müsse. Ein solches
Verständnis steht jedoch im Gegensatz zum Ziel der BRK, die Vielfalt
der menschlichen Gesellschaft zu erhalten und zu fördern. Zu dieser
Vielfalt zählen auch Menschen, die Verhaltensweisen aufweisen, die
durch die Gesellschaft und ihre Rechtsprechung als seltsam, "unnormal" oder krank betrachtet werden oder die rational nicht nachvollziehbar
sind. Der Staat kann und muss im Sinne der BRK solchen Menschen Hilfen
anbieten, die einen gleichberechtigten Zugang zur Gesellschaft ermöglichen.
Die BRK verbietet es jedoch, solche Maßnahmen zu ergreifen, die eine
Freiheitsbeschränkung aufgrund der Behinderung der Betroffenen nach
sich ziehen. Der Gesetzgeber hat allgemeine Regelungen
zur Gefahrenabwehr, die bereits sehr weitgehend sind, durch Polizeigesetze
getroffen. Diese gelten für jedermann, unabhängig von dem Vorliegen
einer Behinderung. Folgt man der These, dass eine Unterbringung nach
dem PsychKG vorrangig auf der Feststellung einer psychischen Erkrankung
durch die Fachgerichte beruht und nicht auf spezifischen, davon trennbaren
Gefahren
[89]
, so würde im Fall einer vollständigen Ratifikation
der BRK § 8 Abs. 1 PsychKG Bln gegen Art. 14 der BRK verstoßen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass
die Zwangsunterbringung nach dem PsychKG Bln nicht gegen Art. 14 Abs.
1 lit. b) BRK verstößt, weil nicht auf das Vorliegen einer Behinderung,
sondern maßgeblich auf eine spezifische Gefährlichkeit abgestellt
wird, wäre der Gesetzgeber zumindest gehalten, im Rahmen der Prüfung
der Vereinbarungsfähigkeit dieser Vorschrift mit der BRK zu evaluieren,
ob spezifische Gefahren von psychisch Kranken im Sinne des PsychKG
überhaupt ausgehen. Für die Frage möglicher Fremdgefährdung durch
sog. psychisch Kranke, insbesondere durch kriminelles Verhalten, ist
heute durch einzelne empirische Studien belegt, dass sowohl bei sog.
psychisch Kranken als auch "geistig Gesunden" im Wesentlichen die
gleichen Faktoren für eine Delinquenz ursächlich sind
[90]
. Die Annahme einer spezifischen Gefährlichkeit
aufgrund einer psychischen Erkrankung im Sinne von § 1 Abs. 2 PsychKG
Bln kann damit Folge eines subjektiv nachvollziehbaren Unverständnisses
der Verhaltensauffälligkeiten eines Betroffenen durch den die Zwangsunterbringung
anordnenden Richter sein. Letztlich ist eine erhöhte Neigung Geisteskranker
zu Gefährdungsverhalten, insbesondere zu strafrechtlich relevanten
Verhalten, keine erwiesene tatsächliche Gegebenheit, sondern eine
bloße (wenn auch weit verbreitete) Annahme, die letzten Endes zu Ungleichbehandlung
sog. psychisch Kranker im Vergleich zu sog. psychisch Gesunden durch
Zwangsunterbringung führen kann
[91]
. Wenn den bisherigen Studien jedoch gefolgt würde,
so ergibt sich eine spezifisch erhöhte Gefährlichkeit sog. psychisch
Kranker im Vergleich zu anderen, wenn überhaupt, nur geringem Maße
und in bestimmtem Fallkonstellationen. Wenn tatsächlich aber von psychisch
Kranken keine statistisch messbar höheren Gefahren ausgehen als von
jedem anderen Menschen, würde das letztlich nicht nur dazu führen,
dass eine Zwangsunterbringung mit der BRK unvereinbar ist, weil sie
aufgrund der Behinderung erfolgt, sondern auch, weil sie willkürlich
im Sinne der BRK wäre. Denn dann würde bei Menschen mit Behinderung
ohne sachlichen Grund eine Freiheitsbeschränkung legitimiert werden,
die bei Nichtbehinderten nicht erlaubt wäre. Darin läge eine konventionswidrige
Rechtslage, der abzuhelfen ist (insb. Art. 4 Abs. 1 lit. b) BRK).
Eine Verpflichtung zu einer derartigen Evaluierung
ergibt sich im Übrigen auch aus Art. 31 BRK. dd) Fazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass
bei einer Auslegung der BRK im Gesamtzusammenhang des Vertragswerkes
und im Lichte des Zieles und Zweckes der Konvention
[92]
die Zwangsunterbringung nach dem PsychKG Bln gegen
die BRK verstößt. Vertretbar wäre bei einer sehr engen Auslegung von
Art. 14 Abs. 1 lit. b) BRK allerdings auch, die Zwangsunterbringung
nach dem PsychKG als vom Gesetz und damit von Art. 14 BRK legitimiert
anzusehen. Dies gilt allerdings nur mit der Einschränkung, dass der
Gesetzgeber spätestens nach Ratifikation gehalten wäre, zu evaluieren,
ob von sog. psychisch Kranken überhaupt spezifische Gefahren ausgehen.
Für den Fall, dass bei einer bestimmten Gruppe sog. psychisch Kranker
eine erhöhte Gefährlichkeit belegt werden könnte, wäre zu prüfen,
ob sich die gesetzliche Eingriffsbefugnis tatsächlich nur auf diese
Personengruppe beschränkt. 4. Vereinbarkeit der Zwangsbehandlung nach
§ 30 PsychKG mit Art. 12, 14, 15, 17 BRK § 30 Abs. 2 PsychKG Bln regelt die Zwangsbehandlung
bei Untergebrachten. Stellt man sich auf den Standpunkt, dass bereits
die zwangsweise Unterbringung mit der BRK nicht vereinbar ist, so
ist die Frage der Vereinbarkeit der Zwangsbehandlung mit der BRK allenfalls
eine theoretische. Denn § 30 PsychKG Bln bezieht sich allein auf die
Zwangsbehandlung von Untergebrachten. Wird jemand mit und nicht gegen
seinen Willen untergebracht, kann in der Regel davon ausgegangen werden,
dass er zumindest die freiwillige Unterbringung dann beenden würde,
wenn er mit der weiteren Behandlung nicht einverstanden wäre. Insoweit
kann eine Einschätzung, ob Zwangsbehandlungen nach dem PsychKG Bln
mit der BRK vereinbar sind, nur unter der Prämisse erfolgen, dass
man der Ansicht folgt, dass eine Zwangsunterbringung nach dem PsychKG
grundsätzlich mit der BRK vereinbar ist. Dies unterstellt, soll untersucht werden,
inwieweit bei einer Zwangsunterbringung eine nach § 30 Abs. 2 PsychKG
erfolgende Zwangsbehandlung isoliert betrachtet gegen die Vereinbarung
der BRK verstößt. a) Art. 17 BRK, Verletzung der Gleichberechtigung
der Achtung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit Art. 17 BRK stellt fest, dass jeder behinderte
Mensch gleichberechtigt mit anderen das Recht auf Achtung seiner körperlichen
und geistigen Unversehrtheit besitzt. Eine zwangsweise Behandlung
von Betroffenen, etwa mit Psychopharmaka wie Antidepressiva und Neuroleptika,
stellt unzweifelhaft einen Eingriff in dessen körperliche und
- aufgrund der damit einhergehenden Bewusstseins- und Verhaltensänderung
- auch geistigen Unversehrtheit dar. Art. 17 BRK enthält jedoch
im Vergleich zu anderen Artikeln der BRK allein einen Achtungsanspruch.
Art 17 BRK setzt damit voraus, dass alle gesetzlichen Grundlagen dem
Achtungsanspruch der körperlichen und geistigen Unversehrtheit
von behinderten Menschen gerecht werden. Es handelt sich völkerrechtlich
gesehen um eine staatliche Respektierungspflicht (duty to respect)
[93]
. Insoweit stellt die Regelung einen verbindlichen
Auslegungsmaßstab für nationale Gesetze dar
[94]
. Sie verbietet hingegen Eingriffe in die körperliche
und geistige Unversehrtheit behinderter Menschen nicht grundsätzlich,
so dass durchaus Eingriffe aufgrund von § 30 Abs. 2 PsychKG Bln
denkbar wären, welche die Achtung der körperlichen und seelischen
Unversehrtheit gewährleisten. Ob dies in der praktischen Durchführung
der Zwangsbehandlung tatsächlich eingehalten wird
[95]
, ist nicht Gegenstand dieser Stellungnahme
[96]
. b) Art. 15
BRK, Folter, unmenschliche oder grausame Behandlung Die Regelung
des Art. 15 BRK knüpft vom authentischen Wortlaut her an die UN-Konvention
gegen Folter und andere grausame und erniedrigende Behandlung oder
Strafe vom 10. Dezember 1984
[97]
an. Danach ist als Folter jede Handlung definiert,
durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische
Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, z.B. um von ihr eine Aussage
zu erlangen, sie zu bestrafen, einzuschüchtern, zu nötigen oder auf
einem auf Diskriminierung beruhenden Grund zufügt wird, sofern diese
Handlungen von Personen in amtlicher Eigenschaft oder auf deren Veranlassung
oder in deren Einverständnis ausgeführt werden. Die gesetzliche Regelung
des § 30 Abs. 2 S. 2 PsychKG legitimiert von Gesetzes wegen einen
solchen als Folter zu definierenden Eingriff nicht, obgleich in der
Praxis ein erniedrigender Missbrauch der Zwangbehandlung nicht auszuschließen
ist
[98]
. Im Rahmen der abstrakt zu beantwortenden gutachterlichen
Fragestellung kann damit eine Unvereinbarkeit von § 30 Abs. 2 PsychKG
Bln mit der BRK nicht festgestellt werden. c) Art. 14
BRK: Einschränkung der persönlichen Freiheit Weitergehende
Freiheitsrechte als die körperliche Bewegungsfreiheit werden durch
den Freiheitsbegriff des Art. 14 BRK jedenfalls im Kontext einer Auslegung
im Lichte anderer maßgeblicher völkerrechtlicher Vereinbarungen
[99]
, wie Art. 5 EMRK oder Art. 9 IPBPR
[100]
, nicht umfasst. Insbesondere die allgemeine Handlungsfreiheit
[101]
oder die körperliche Unversehrtheit
[102]
fallen nicht unter den hier zu Grunde gelegten
Freiheitsbegriff aus Art. 14 BRK. Insoweit
unterfällt die Zwangbehandlung nach dem PsychKG Bln im Gegensatz zur
Zwangsunterbringung nicht dem Schutzbereich von Art. 14 der BRK. d) Art.12
BRK: Rechts- und Handlungsfähigkeit Art. 12 Abs.
1 BRK enthält die Bekräftigung der Vertragsstaaten, dass behinderte
Menschen überall das Recht haben, als Rechtssubjekt anerkannt zu werden.
Diese Verpflichtung resultiert bereits aus Art. 16 IPBPR. Umstritten
ist die Übersetzung und Bedeutung des Art. 12 Abs. 2 BRK. Nach der
nunmehr vorliegenden abgestimmten Übersetzung ins Deutsche verpflichten
sich danach die Vertragsstaaten, anzuerkennen, dass behinderte Menschen
in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und
Handlungsfähigkeit genießen. In der vorangegangenen Arbeitsübersetzung
der Fachkonferenz des Deutschen Institutes für Menschenrechte vom
05.07.2007 war noch Rechts- und Geschäftsfähigkeit übersetzt worden. In der englischsprachigen
Fassung von Art. 12 Abs. 2 BRK ist der Begriff als legal capacity
beschrieben, da das angelsächsische Recht eine Differenzierung zwischen
Rechts-, Geschäftsfähigkeit nicht kennt, sondern den Begriff der legal
capacity mit der Befähigung gleichsetzt, als Rechtsperson zu handeln
[103]
. Die (authentische) französische Fassung spricht
von capacité juridique, die (authentische) spanische Fassung
von capacidad jurídica. aa) Eingriff
in die Rechts- und Geschäftsfähigkeit bzw. Handlungsfähigkeit Es bedarf
zunächst der Auslegung der BRK, um zu klären, ob eine zwangsweise
Behandlung nach § 30 Abs. 2 PsychKG Bln überhaupt eine Einschränkung
der legal capacity im Sinne von Art. 12 Abs. 2 BRK bedeutet.
Dabei ist zunächst der Sinn des Begriffs im Gesamtzusammenhang
der authentischen Vertragstexte zu ermitteln. Art. 12 Abs. 1 BRK spricht
zunächst von "right to recognition everywhere as person
before the law", also dem Recht überall als rechtsfähig
anerkannt zu werden. Die Regelung knüpft an den identischen Wortlaut
von Art. 16 IPBPR an und meint die Pflicht der Signatarstaaten, jeden
Menschen als Rechtssubjekt anzuerkennen. Niemand darf außerhalb
des Gesetzes gestellt werden oder als bloßes Objekt behandelt
werden. Insoweit dürfte der Begriff vergleichbar sein mit der
Rechtsfähigkeit im Sinne von § 1 BGB. Die Annerkennung als
Rechtsubjekt beinhaltet jedoch nicht die Gewährleistung, Handlungen
im eigenen Willen vornehmen zu dürfen. Daher fällt unter
den Schutzbereich von Art. 16 IPBPR auch nicht die Beschränkung
der Entscheidungsfreiheit von behinderten Menschen, insbesondere von
sog. psychisch Kranken
[104]
. Art. 12 Abs. 2 BRK ist demnach im Zusammenspiel
mit Art. 12 Abs. 1 BRK als weitergehender zu betrachten. Denn über
die Rechtsfähigkeit hinaus stellt Art. 12 Abs. 2 BRK sicher,
dass behinderte Menschen legal capacity besitzen. Eine Beschränkung
des Begriffs auf die bloße Annerkennung von behinderten Menschen
als Rechtssubjekt kann daher nicht gemeint sein. Dem angloamerikanischen
Recht entlehnt umfasst der Begriff der legal capacity sowohl die Annerkennung
als Rechtssubjekt als auch die Fähigkeit Rechtsgeschäfte
im eigenen Namen vorzunehmen
[105]
. Im Gegensatz dazu steht der Begriff der legal
disability. Auch der französische Begriff der capacité
juridique sowie der spanische Begriff der capacidad jurídica
umfassen neben der Anerkennung als Rechtsubjekt die Befähigung,
im eigenen Namen Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Da alle authentischen
Vertragssprachen grundsätzlich die gleiche Bedeutung der Begriffe
ausdrücken sollen
[106]
, ergibt eine harmonisierende Betrachtung der Vertragstexte
sowie die Auslegung im Gesamtzusammenhang der Konvention, dass zumindest
die Geschäftsfähigkeit von behinderten Menschen von Art.
12 Abs. 2 BRK umfasst ist. Ob darüber hinaus, wie in der nunmehr
vorliegenden abgestimmten deutschsprachigen Übersetzung auch
die Handlungsfähigkeit erfasst wird
[107]
, kann vorliegend offen gelassen werden, da durch
Zwangsbehandlung bereits in die Geschäftsfähigkeit eingegriffen
wird, welche von der Handlungsfähigkeit umfasst ist. Die zwangsweise
Behandlung nach § 30 Abs. 2 S. 2 PsychKG Bln greift in die Rechts-
und Geschäftsfähigkeit des Betroffenen ein. Art. 12 BRK bringt demgegenüber
zum Ausdruck, dass jeder behinderte Mensch vor dem Recht die gleiche
Anerkennung genießt, wie der nicht behinderte Mensch und damit auch
rechtlich handlungsfähig sein muss. Eine Behandlung gegen den ausdrücklichen
Willen des Patienten ist damit durch die BRK grundsätzlich untersagt
[108]
. Eingeschränkt
wird die Rechts- und Handlungsfähigkeit psychisch Kranker nach dem
PsychKG Bln durch § 30 Abs. 2 S. 2 PsychKG Bln. Das PsychKG Bln ist
in seinem Anwendungsbereich allein auf psychisch Kranke nach diesem
Gesetz beschränkt
[109]
. Insoweit wird hier eine Sondergesetzgebung, die
behinderte Menschen betrifft, dazu genutzt, einen Eingriff in die
Rechts- und Geschäftsfähigkeit zu rechtfertigen, der bei nicht behinderten
Menschen nicht vorgenommen werden dürfte. Insofern würde § 30 Abs.
2 S. 2 PsychKG Bln bei Ratifizierung der BRK in die durch Art. 12
Abs. 2 BRK beschriebenen Rechte eingreifen. Denn durch die Anwendung
der Vorschriften zur Zwangsbehandlung nach dem PsychKG Bln würden
das Land Berlin und die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat
entgegen der BRK nicht anerkennen, dass behinderte Menschen bei der
Frage der Einwilligung in ihre Behandlung gleichberechtigt mit allen
anderen Rechts- und Geschäftsfähigkeit genießen. bb) Art.
12 Abs. 3, Abs. 4 BRK: Zwangsbehandlung als Maßnahme zur Schaffung
des Zugangs? Mit Art.
12 Abs. 3 BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen
zu treffen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu der Unterstützung
zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Geschäftsfähigkeit
benötigen. Die Frage, die sich stellt, ist, ob die Zwangsbehandlung
im Sinne des PsychKG Bln von der Formulierung des Art. 12 Abs. 3 BRK
gedeckt ist - d.h. ob die BRK auch eine Zwangsbehandlung als Maßnahme
zur Gewährleistung des Zugangs zur Unterstützung begreift.
(1)
Für ein Verständnis der Zwangsbehandlung als
Unterstützungshandlung im Sinne von Art. 12 Abs. 3 BRK spricht ihr
Zweck, nämlich die Beendigung oder zumindest Besserung der Erkrankung,
die zu einer (zwangsweisen) Unterbringung geführt hat. Folgt man der
Dogmatik des PsychKG Bln, so wäre bei einer Heilung oder Besserung
der psychischen Erkrankung aufgrund einer zwangsweisen Behandlung
auch die Aufhebung der Zwangsunterbringung erforderlich, was eine
schnellere Rückkehr des Betroffenen in die Gesellschaft und damit
auch einen besseren Zugang zur Ausübung seiner Rechts- und Geschäftsfähigkeit
bewirken würde. Für eine solche Interpretation von Art. 12 Abs. 3
BRK spricht auch die Formulierung von Art. 12 Abs. 4 BRK, welcher
den Vertragsstaaten auferlegt, sicherzustellen, dass die Maßnahmen
nach Art. 12 Abs. 3 BRK wirksame Sicherungen vorsehen, um Missbräuche
zu verhindern. Solche Sicherungen sollen gewährleisten, dass die Maßnahmen,
welche die Ausübung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit betreffen,
den Willen und die Präferenz des Betroffenen respektieren und frei
von Interessenkonflikten und ungebührlichen Einflussnahmen sind, verhältnismäßig
und auf die Umstände der Person zugeschnitten sowie von möglichst
kurzer Dauer sind und einer regelmäßigen Überprüfung durch eine zuständige,
unabhängige und unparteiische Instanz unterliegen. Insoweit scheint
auch die BRK grundsätzlich davon auszugehen, dass Maßnahmen zumindest
auch ohne Willen des Betroffenen vollzogen werden dürfen, sofern diese
Zugang zu einer Unterstützung ermöglichen, welche Behinderte bei der
Ausübung ihrer Rechts- und Geschäftsfähigkeit benötigen.
(2)
Gegen eine solche Auslegung des Art. 12 Abs.
3 BRK sprechen die authentischen Fassungen der BRK, die Entstehungsgeschichte
und der Sinn und Zweck der BRK. Im (authentischen)
englischen Original spricht Art. 12 Abs. 3 BRK von "measures to provide
access by persons with disabilities to support they
may require in exercising their legal capacity". Alle Maßnahmen müssen sich damit
auf den Begriff support, d.h. auf den Beistand oder die Unterstützung
des Betroffenen beziehen. Damit sind Regelungen, die einem Menschen
die Handlungsfähigkeit absprechen würden, grundsätzlich nicht mit
Art. 12 BRK zu vereinbaren
[110]
. Denn die Grenze des Wortsinns von "support"
beginnt dort, wo die Entscheidung des Betroffenen nicht mehr unterstützt,
sondern im Sinne von "substitution" ersetzt wird. In diesem
Kontext wäre folglich auch Art. 12 Abs. 4 BRK zu lesen. Danach wäre
gegebenenfalls noch eine Behandlung des Betroffenen ohne dessen Willen
möglich, jedoch nicht gegen dessen Willen. Denn es würde dem Grundsatz
von Art. 12 BRK widersprechen, wenn bei der Frage der Zwangsbehandlung
die Geschäftsfähigkeit entgegen dem Begriff der legal capacity
negiert werden würde. Dies würde zu einer sinnentstellenden Aushöhlung
der BRK führen, was auch im Hinblick auf die bereits erörterten Grundsätze
aus der Präambel, insbesondere dem Diversity-Ansatz, nicht Sinn und
Zweck sein kann. Dass die Vertragsstaaten selbst eine vollständige Einschränkung der Geschäftsfähigkeit,
wie sie durch eine Zwangsbehandlung vorgenommen werden würde, nicht
akzeptieren wollten, wird auch durch die Entstehungsgeschichte der
BRK deutlich, die nach Art. 32 WVK ergänzend herangezogen werden kann.
Die Entstehungsgeschichte der BRK bestätigt das Ergebnis der authentischen
Auslegung. Der Antrag der Volksrepublik China, Russlands und mehrerer
arabischer Staaten, in den Konventionstext des Art. 12 BRK eine begrenzende
Fußnote aufzunehmen, wurde durch die UN-Generalversammlung abgelehnt
[111]
. Aus dieser Fußnote sollte sich ergeben, dass der
Begriff "legal capacity" in den jeweiligen Amtssprachen nur die Fähigkeit
beinhalte, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, nicht aber die
Fähigkeit umfasse, diese Rechte auszuüben
[112]
. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen
hat bei der Endabstimmung auf eine solche Regelung ausdrücklich verzichtet
[113]
. Denn Art. 12 BRK ziele auf die gleiche Anerkennung
aller behinderten Menschen vor Recht und Gesetz. Diese Verpflichtung
werde von den Vertragsstaaten ausgehöhlt, wenn nur anerkannt werde,
dass den Betroffenen Rechte zustehen würden, sie diese aber nicht
ausüben können würden
[114]
. cc) Fazit Festzuhalten bleibt, dass nach der hier vertretenen Auslegung des Begriffs "legal capacity" aus Art. 12 Abs. 2 BRK eine medizinische Behandlung gegen den bekundeten Willen von behinderten Menschen mit der Verpflichtung der Vertragsstaaten, die Rechts- und Geschäftsfähigkeit bzw. Handlungsfähigkeit in allen Lebensbereichen von behinderten Menschen anzuerkennen, nicht in Einklang zu bringen ist. Auch durch Art. 12 Abs. 3, 4 BRK kann eine solche Zwangsbehandlung nicht legitimiert werden. Durch Art. 25 BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten lediglich, geeignete Angebote der Gesundheitsfürsorge an behinderte Menschen zu adressieren, ohne sie zu diskriminieren. Auch das rechtfertigt eine medizinische Behandlung gegen den Willen des Betroffenen jedoch nicht. Hingegen dürfte Art. 12 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 BRK die Vertragsstaaten verpflichten, behinderten Menschen, also auch jenen, die von der Rechtsprechung als psychisch krank eingestuft werden, im Falle jeder Freiheitsentziehung eine entsprechende medizinisch-psychiatrische Versorgung anzubieten, bis hin zum Angebot der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und ggf. den Betroffenen durch Aufklärung zu freiwilligen Teilnahme zu bewegen. [43] Die erste Fassung dieser Stellungnahme orientierte sich noch an der Arbeitsübersetzung der BRK ins Deutsche durch die Fachkonferenz des Deutschen Institutes für Menschenrechte vom 05.07.2007 (http://www.institut-fuer-menschenrechte.de; http://www.files.institut-fuer-menschenrechte.de/437/un_bk_BRK_internet-version.pdf).
[44]
UN: unter http://www.un.org/dissability/
[45]
Gollwitzer, Walter; Menschenrechte und Strafverfahren,
S. 126f.
[46]
vgl. Artikel 3 lit. a) BRK
[47]
vgl. Artikel 3 lit. b) BRK
[48]
vgl. Artikel 3 lit. c) BRK
[49]
vgl. Artikel 3 lit. d)BRK
[50]
vlg. Artikel 12 BRK
[51]
vgl. Artikel 14 BRK
[52]
vgl. Artikel 17 BRK
[53]
vgl. Artikel 4 Abs. 1 lit. a), b) BRK
[54]
Bohnert, Unterbringungsrecht, S. 177
[55]
Marschner in Volckart/Marschner, S. 42ff.; BGHZ 53, 388ff.;
BVerfG NJW 1982, 691, 693.
[56]
Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und
Information, ICD-10-GM 2008, 1123, http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlgm2008/fr-icd.htm
[57]
Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und
Information; ICD-10-GM 2008, 1123; aaO
[58]
vgl. Deutsches Institut für medizinische Dokumentation
und Information am angegebenen Ort
[59]
der Auftraggeber negiert dies grundsätzlich; vgl.: http://www.die-bpe.de/
[60]
zusammengefasst wohl auch Marschner in Volckart/Marschner,
S. 46
[61]
Marschner in Volckart/Marschner, S. 48 unter Verweis
auf BayObLG, BtPrax 1994, 29 für das bayerische Unterbringungsrecht
[62]
Marschner in Volckart/Marschner, S. 47, m.w.N.
[63]
Schmahl, aaO, 517 (534)
[64]
Degener, VN 2006, 104 (106); Schmahl, aaO, 517 (525)
[65]
vgl. Art. 31 Abs. 2 WVK
[66]
so zutreffend Bielefeld, zum Innovationspotential der
UN-BehindertenBRK, Deutsches Institut für Menschenrechte, 2006
[67]
Bielefeld aaO.
[68]
Vgl. Präambel lit. c); Bielefeld aaO
[69]
Bielefeld aaO
[70]
vgl. BVerfGE 96, 288 (301); 99, 341 (
[71]
Scholz in Maunz-Dürig, GG, Art. 3 Abs. 3 Rn. 176 m.w.N.
[72]
vgl. BVerfG, B. v. 10.02.2006, - 1 BvR 91/06 - = NVwZ
2006, 679 zur Frage des Anspruches behinderter Kinder auf einen
Platz in einem Regelkindergarten: "Die dabei getroffene, typisierende
Annahme des Gesetzgebers, dass Kinder mit wesentlichen Behinderungen
insoweit keinen Anspruch auf einen Platz in einem Regelkindergarten
haben, sondern Hilfe in einer teilstationären Einrichtung benötigen,
ist nachvollziehbar."
[73]
Bielefeld, aaO: "Aus Sicht der Betroffenen bedeutet
dies den Übergang vom passiven Erleiden eines vermeintlichen natürlichen
Schicksals hin zur aktiven Kritik an stigmatisierenden, diskriminierenden
und ausgrenzenden gesellschaftlichen Einstellungen und Strukturen.
Knapp und prägnant findet diese Grundeinsicht in der Formel der
"Aktion Mensch" (ehemals "Aktion Sorgenkind") ihren Ausdruck: "Man
ist nicht behindert, man wird behindert."
[74]
so explizit Marschner in Volckart/Marschner, S. 45; Welke,
aaO 60 (65)
[75]
Degener, aaO, 104, 106
[76]
vgl. Artikel 14 der BRK
[77]
so bspw. EGMR, EuGRZ 1988, 20; 1997, 555; Gollwitzer,
aaO,
[78]
Zuletzt: Bekanntmachung der Neufassung der BRK vom 4.
November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
BGBl. 2002 II S. 1054
[79]
vgl. EGMR EuGRZ 1976, 224; 1983, 663; EKMR, EuGRZ 1979,
421; Gollwitzer, Menschenrechte und Strafverfahren, S. 209
[80]
Welke,aaO, 60 (68)
[81]
vgl. Art. 14 Abs. 1 lit. b), 2. Halbsatz der BRK
[82]
Storch, aaO, S. 27
[83]
s. insb. Präambel lit. e)
[84]
s.o. III.2.
[85]
vgl. u.a. Präambel lit.
c) Art. 1 Abs.1, Art. 2, Art. 3 lit b), Art. 4 lit b), Art. 5, Art.
12 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs.1, 2, Art. 15 Abs. 2, Art.
17, Art. 18, Art. 19, Art. 23 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Abs.
1, Art. 27 Abs. 1 BRK
[86]
so im Ergebnis auch Welke, aaO, 60 (68)
[87]
Dieser Schluss wird im Übrigen von dem von der herrschenden
Ansicht verfolgtem Fürsogemodell bestätigt, wonach es bei der Zwangsunterbringung
nicht um Gefahrenabwehr, sondern primär um die Fürsorge des Betroffenen
und dem "Schutz vor sich selbst" gehen soll; vgl. Göppinger, FamRZ
1980, S. 856, 857; Marschner in Volckart/Marschner, S.
[88]
vgl. Marschner in Volckart/Marschner, a.a.O.
[89]
s. oben II.2.
[90]
u.a. Böker u. Häfner, Gewalttaten Geistesgestörter, 1973,
Rasch, Forensische Psychiatrie, S. 242; Langelüddeke/Bresser, Gerichtliche
Psychiatrie, S. 185; Glatzel, Forensische Psychiatrie, S. 85
[91]
umfassend zur Frage, ob eine erhöhte Gefährlichkeit bei
sog. geisteskranken Straftätern besteht: Prapolinat, Subjektive
Anforderungen. Eine "rechtswidrige Tat" bei § 63 StGB. Dissertation
Universität Hamburg, 2004; vgl. Marschner in Volckart/Marschner,
S. 54
[92]
vgl. Art. 31 Abs. 1 WVK
[93]
Schmahl, aaO, 517 (528)
[94]
s. näher unten IV. 2.
[95]
Narr/Sachenbrecker, Unterbringung und Zwangsbeahndlung,
FamRZ 2006, 1082, 1083
[96]
s. oben I.
[97]
Zuletzt BGBl. 1996 II S. 282
[98]
Narr/Sachenbrecker aaO
[99]
s.o.: III,
[100]
vgl. EGMR EuGRZ 1976, 224; 1983, 663; EKMR, EuGRZ 1979,
421; Gollwitzer, Menschenrechte und Strafverfahren, S. 209
[101]
Herzog, AöR 86, 201
[102]
Gollwitzer, S. 209 m.w.N.
[103]
Vgl. Lachwitz, Rechtsdienst der Lebenshilfe, 2007, S.
37ff. (42)
[104]
Nowak, Manfred, U.N.
Covenent on Civil and Piltical Rights, CCPR, 2. Auflage, Art. 16
Rn. 2
[105]
Lachwitz, aaO
[106]
vgl. Art. 33 Abs.
1 WVK
[107]
dagegen spricht bspw.
die Kommentierung von Nowak, aaO, die zwischen capacity to be
a person before the law, legal capacity und capacity
to act differenziert
[108]
Lachwitz, aaO
[109]
vgl. § 1 Abs. 1 Nr.
1, 2 PsychKG Bln
[110]
Lachwitz aaO, S. 42
[111]
vgl. UN-Enable, http://www.un.org/esa/socdev/enable/rights/
[112]
vgl. UN Intersessional &
Backround Documents, http://www.un.org/esa/socdev/enable/rights/ahc8documents.htm
[113]
vgl. UN-Enable, aaO
[114]
UN Intersessional &
Backround Documents,aaO
[115]
vgl. Art 25 lit. d) BRK
[116]
vgl. Art 25 lit. e) BRK
[117]
vgl. Art 25 lit. f) BRK
[118]
vgl. Art 25 lit. a), b),
c) BRK
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