Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
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Freitag, 4. Januar 2013
verstoßen wird. Denn die UN-Behindertenrechtskonvention buchstabiert die Menschenrechte gerade auch für den Bereich der Zwangspsychiatrie aus. Die Monitoringstelle ist die vom Bundestag dazu berufene und staatlich finanzierte Stelle, die die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Sinne der Konvention zu fördern und zu schützen, sowie die Umsetzung der Konvention in Deutschland zu überwachen hat. Sie hat nun festgestellt:Grundgesetz Artikel 1 (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt
Wenn Sie also für den Gesetzentwurf Drucksache 17/11513 stimmen sollten, der durch die Änderungen der Rechtsausschussdrucksache Nr. 17(6)222 auch nicht wesentlich verbessert wurde, dann würden Sie auch noch zentrale Belange der UN-Behindertenrechtskonvention verhöhnen und ganz offen zeigen, dass Menschenrechte für Sie unerheblich sind. Stattdessen würden Sie rückwärtsgewandt für staatlichen Paternalismus bis zu dem Extrem stimmen, dass Bürger an sich strafbare Körperverletzung zu dulden haben. Die 6 Lügen, die zur Rechtfertigung dieser Gewaltausübung bemüht werden, haben wir im letzten Brief schon beschrieben. Sie sind am 10.12.2012 durch eine angeblich "öffentliche" Anhörung im Rechtsausschuss bestätigt worden, in der der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder (CDU) schon in den ersten 5 Minuten einem akkreditieren Journalisten verbot, Aufzeichnungen zu machen. Gesetze können nur dann tragfähig und folgenreich sein, wenn sie von einer Gemeinschaft getragen werden, die sich an diese Gesetze gebunden fühlt. Dies geschieht nicht automatisch durch das Inkraftsetzen eines Gesetzes, sondern es ist dafür die Anerkennung demokratischer Verfahren bei der Entstehung eines Gesetzes notwendig. Das Verbot der Aufzeichnung hat gezeigt, dass die vorschlagenden Fraktionen der CDU/CSU und FDP wissen, dass dieser Gesetzesvorschlag niemals von den Betroffenen akzeptiert werden wird, sondern ein Gewaltakt ist, um Hörigkeit gegenüber den Gewalttätern zu beweisen. Wozu würde die im Schnellverfahren durchgepeitschte Gesetzgebung führen?Die Monitoring-Stelle empfiehlt, … den Gesetzesentwurf abzulehnen…
In Absatz 48 stellt der BGH dann lakonisch fest:Ob der Staat im Rahmen seiner ihm nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG obliegenden Schutzpflicht (vgl. dazu BVerfG NVwZ 2011, 991 Rn. 37) verpflichtet ist, zum Wohle der Betroffenen die betreuungsgerichtliche Genehmigung einer Zwangsbehandlung gesetzlich zu regeln, kann dahinstehen. Art. 100 Abs. 1 GG enthält nach seinem Wortlaut nicht die Verpflichtung des Gerichts, ein Unterlassen des Gesetzgebers als Verfassungsverstoß zur Prüfung zu stellen. Dass Art. 100 Abs. 1 GG entsprechend auszulegen wäre, hat das Bundesverfassungsgericht jedenfalls bislang nicht entschieden (offengelassen in BVerfG Beschluss vom 9. Mai 2006 - 2 BvL 4/02 - juris Rn. 22; NJW 1994, 2750, 2751; NVwZ 1984, 365 und NJW 1964, 1411).
Genau das hat der Bundesgesetzgeber im Patientenverfügungsgesetz als eine Konsequenz des Selbstbestimmungsrechts explizit auch für Nichteinwilligungsfähige gesetzlich bestätigt und den früher gehegten therapeutischen Paternalismus aufgegeben. Z.B. MdB Jerzy Montag in der Rede vom 29.3.2007 im Plenum des Bundestags:4. Der Senat verkennt nicht, dass das Fehlen von Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen dazu führen kann, dass ein Betroffener ohne eine solche Behandlung einen erheblichen Schaden nimmt.
Und er fährt weiter fort:"Darf der geäußerte und eindeutige Wille des Patienten von Ärzten, Betreuern oder Gerichten in Zweifel gezogen werden? Ich meine, nein. Es kann nicht darum gehen, zu beweisen, dass der geäußerte Wille weiter gilt - das ist nie möglich -; vielmehr tragen diejenigen, die ihn anzweifeln, die Beweislast, dass er sich wirklich geändert hat."
Daraus folgt zwingend, dass dann, wenn bei einem Einwilligungsunfähigen gemäß § 1901a Abs. 2 BGB (Patientenverfügungsgesetz) keine schriftliche Patientenverfügung vorliegen sollte, diejenigen die Beweislast haben und die Beweise für die konkreten Anhaltspunkte eines mutmaßlichen Willes des Betroffenen, psychiatrisch zwangsbehandelt zu werden, vorlegen müssen, die eine solche Gewaltmaßnahme gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchsetzen wollen. Das führt zur zweiten Lüge in den Antworten von Abgeordneten:"Darf der Staat lebenserhaltend gegen das Selbstbestimmungsrecht angehen und es in fremdbestimmte Schranken weisen? - Ich meine, nein."… "Der Patient hat zwar ein Lebensrecht, aber er hat keine Lebenspflicht."
B) Zitat aus einem der Briefe: "Mit anderen Worten: der Betreuer kann in eine Zwangsbehandlung nur einwilligen, wenn keine entgegenstehende Patientenverfügung vorliegt. In den Fällen, in denen dies jedoch nicht der Fall ist, halte ich es für sinnvoll und für erforderlich, konkret festzulegen, unter welchen Voraussetzungen der Betreuer in eine Zwangsbehandlung einwilligen kann." Diese Behauptung wird mit dem angeblichen "Wohl" des Betroffenen begründet, dass es erlaube, den geäußerten Willen zu brechen bzw. willkürlich einen niemals zuvor geäußerten Willen, psychiatrische Zwangsbehandlung zu erdulden2, zu unterstellen, um medizinisches Kalkül handlungsmaßgeblich zu machen. Dabei kann es sich im Gegensatz zu einem mutmaßlichen Willen des Betroffenen nur um ein hypothetisches, unterstelltes "Wohl" handeln, das von anderen als dem Betroffenen gemutmaßt wird. So soll aus dem Selbstbestimmungsrecht eines erwachsenen Menschen über seinen eigenen Körper, ein Fremdbestimmungsrecht qua hypothetischer Mutmaßung eines Betreuers mit richterlicher Zustimmung auf Zuruf von Ärzten werden. Damit wird die Begründung "zum Wohl" zum verlogenen Zynismus und das Patientenverfügungsgesetz wird zweifach entkernt:
Eine Sondergruppe von Patienten - die Geisteskranken - wird entgegen der gesetzlich zugesicherten Reichweitenlosigkeit diskriminiert und einer Sondergesetzgebung zur erzwungenen Erduldung von Körperverletzung unterworfen.
All dies vorausgeschickt, hoffen wir, dass Sie nachvollziehen können, warum diejenigen, die für diesen Gesetzentwurf stimmen sollten, Böses tun. Selbstverständlich können Sie (wie eine andere Person) der Auffassung sein, dass Ihnen persönlich die Psychiatrie mit Zwang und Gewalt helfen können soll, wenn Psychiater das für erforderlich halten und Sie als geisteskrank diagnostizieren. Um Zwang und Gewalt als willkommene Hilfe zu legitimieren und gemäß dem Gesetz zu legalisieren, muss aber eine notwendige Bedingung dafür erfüllt sein: Sie haben eine Patientenverfügung mit entsprechendem Inhalt verfasst und z.B. bei einem Psychiater des Vertrauens oder einem Angehörigen hinterlegt. Wie dargelegt, würde dadurch eine psychiatrische Zwangsbehandlung zu der Erfüllung des eigenen Willens, so wie man sich auch gewöhnlich als sadistische Quälerei empfundene Sexualpraktiken wünschen kann und sie dann keine Folter, sondern ein S/M-Spiel sind. Nichts stünde uns ferner, als so etwas verbieten zu wollen.
2. Nur ein unter Zeugen geäußerter Wunsch, psychiatrische Zwangsbehandlung zu erdulden, könnte unter Umständen den gemäß § 1901a BGB notwendigen Beweis dafür erbringen, dass der Betroffene den mutmaßlichen Willen nach psychiatrischer Zwangsbehandlung hat. Dann, aber eben nur dann, kann auch davon ausgegangen werden, dass eine solche Behandlung auch zum Wohl des Betroffenen ist, da sie nicht dessen Willen bricht, sondern erfüllt.