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S T E L L U N G N A H M E


Zur Frage der Verfassungskonformität der geplanten Neufassungen der Gesetze zur Unterbringung
psychisch kranker Menschen in den Bundesländern
Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hessen sowie der Maßregelvollzugsgesetze
der Länder Schleswig-Holstein, Hessen und Niedersachsen.


Von Prof. Wolf-Dieter Narr und RA Thomas Saschenbrecker

Kurzfassung (Abstract)

Die Beweggründe der Landesgesetzgeber sind verständlich und beachtenswert.

Grund- und menschenrechtlich fundamental gelten die Integrität (Deutsch: Unversehrtheit) und Selbstbestimmung des Menschen. Sie konstituieren im Wesentlichen seine Würde. Diese ist nach Satz 1 des 1. Artikels des Grundgesetzes zu einem Tabu erklärt worden. "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Darum bildet die Frage, ob und - wenn überhaupt - inwieweit Zwangszu- und eingriffe in Unterbringung und Behandlung psychisch kranker Menschen mit der freiheitlichen Verfassung des Grundgesetzes übereinstimmten, ein zentrales und komplexes Problem zugleich.

Von früheren Beschlüssen abgesehen, hat sich das Bundesverfassungsgericht in den letzten Jahren mehrfach mit den möglichen Graden und den notwendigen Grenzen verfassungsgemäßen Zwangs auseinandergesetzt. Es hat in neuerlichen Entscheidungen, verfassungstief fundiert, nachdrücklich klar und deutlich gemacht: Zwang verletze prinzipiell die Grund- und Menschenrechte der Zwang unterworfenen Menschen. Mit einer Reihe ausdifferenzierter Vorbehalte hat es allerdings eingeräumt, Fälle psychisch behinderter Menschen seien vorstellbar für die, allerdings nur unter schwer machbaren Voraussetzungen, die Grenze des Nichtzwangs punktuell und kurzfristig ausfielen.

Die Landesgesetzgeber, den Problemen und Konflikten in ihren Bevölkerungen unmittelbarer ausgesetzt und außerdem dafür zuständig, haben sich angesichts des verfassungs- und freiheitsgemäß prinzipiellen Nein zum Zwang, verbunden mit einem konditionalen Aber zu einem Teil daran gemacht - andere werden mutmaßlich folgen - ihre Landesgesetze in Sachen zwangsweiser Unterbringung und Behandlung als psychisch krank erkannter Menschen neu zu fassen. Diese Gesetze werden im Folgenden Revue passiert, mit verfassungsgerichtlichen und andersseitigen Normen, Postulaten und Einwänden teils garniert, teils konfrontiert. Die Gesetze, Normen und Postulate kreisen nahezu ausschließlich um folgende Fragen nach folgenden nicht mehr diskutablen Prämissen.

Zum ersten: Psychisch behinderte Menschen stehen in vollem Umkreis im normativen Bann der konstitutiven Menschenrechte auf Freiheit, Integrität und Selbstbestimmung und ihrer Gewölbenorm menschlicher Würde. Ausnahmen sind nicht gegeben. Menschenrechte sind kein Fiaker, den man auf geltendem Urlaub besteigen oder verlassen kann. In ihnen steckt ein normativ vorgegebener Verhaltenszwang. Das macht das Fundament eines sonst immer beliebig flüggen Rechtstaats aus. Subsidiär hat der Bundesgesetzgeber darum in den neuen §§ 1901a ff. BGB (Patientenverfügungsgesetz) das Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen bis zum Tod grundgelegt, den Prozess des Sterbens eingeschlossen. Die "Patientenverfügung" ist dafür hilfreich. Sie ist jedoch keine conditio sine qua non.

Zum zweiten: Das Bundesverfassungsgericht hat verschiedentlich artikuliert - das tut eingeschränkter noch ohne zusätzliche Erläuterungen die zum Bundesgesetz gewordene Behindertenrechtskonvention von 2009 -, dass die fundamentale humane Selbstbestimmungsregel dennoch dort möglicherweise eine relativierende Macke besitze, wenn festgestellt werde, dass ein psychisch kranker Mensch nicht mehr im Besitz seiner Geisteskräfte sei, sich selbst zu bestimmen. Dann sei jedenfalls zu erwägen, ob subsidiär an die Stelle nicht mehr gegebener Selbstbestimmung der Patient fremd bestimmt werden könne, ja müsse. Darum ranken sich fast alle einzelgesetzlichen Bestimmungen in den landesgesetzlichen leges propositae, also den Gesetzesentwürfen um die zusätzlichen Fragen: Wer und wie mit welchen Folgen bestimmt die intellektuelle Ohnmacht eines Kranken? Kann angesichts einer solchen schlechterdings konstitutiven humanen Norm, und sei es der beste Gesetzgeber, irgendeine Person oder Instanz substitutiv an die Stelle einer Person treten? Was bedeutet das immer erneut aufgetischte Argument, die - wer bestimmt d i e - ultima ratio menschlichen Umgangs, also eventuell gewaltsame Äußerungen eines Patienten, verlange im "Notfall" heterogenen Zwang? Ist nicht die ultima ratio des Menschen als immer schon soziales und abhängiges Wesen eben das ultimum humanum, der unteilbar, sprich individuell vorgegebene Mensch?

3. Die geplanten Neufassungen der Länder leiden, wie die Darlegungen im einzelnen ergeben werden, durchgehend darunter, dass sie die Unsicherheiten des Gesetzgebers und aller nicht eigens durchleuchteten psychiatrischen Institutionen und Berufe nicht bedenken. Dass sie nicht Mittel und Wege suchen, wie mit diesen eigenen Unsicherheiten des Gesetzgebers und formell zuständiger Instanzen und Repräsentanten a la psychiatrische Berufe notfalls umwegig und aufwändig umzugehen sei. Stattdessen projizieren sie eigene Unsicherheiten, solche auch der Grenzen möglicher grundrechtskonformer Verrechtlichung auf die angeblich intellektuell debilen psychischen Kranken. Kurz: um eigene und anderer Unsicherheiten zu beheben, tendiert man dazu, psychisch Behinderte, allen Hilfen zum Trotz unvermeidlich Benachteiligte, mit Zwängen zu überziehen. Diese Art der Entlastung durch die Zwangsbelastung psychisch Kranker ist schlechterdings mit keiner irgendwie liberaldemokratischen Verfassung der Welt und in ihr lebenden Menschen zu vereinbaren.

Inhaltsverzeichnis

1. Die Motive der Gesetzentwürfe der Landesgesetzgeber

2. Die Gesetzentwürfe im Wortlaut - Ein Überblick

3. Eine kleine Rechtsphilologie der leges propositae

4. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Zwangsbehandlung

5. Die derzeitige Diskussion und der Sachstand der Zwangsbehandlung

6. Die geplante Novellierung des § 8 UGB Baden-Württemberg im Vergleich

7. Die geplante Novellierung der §§ 3, 8 ff. Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz im Vergleich

8. Zusammenfassung: Gesetzentwürfe - ein normativer Zuckerguss, keine angemessenen Normierungen
gegebener Probleme

1. Die Motive der Gesetzesentwürfe der Landesgesetzgeber


Die psychiatrische Behandlung gegen den Willen des Betroffenen mit Neuroleptika greift durch deren Nebenwirkungen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) ein, das die körperliche Integrität des Grundrechtsträgers und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht schützt i. Der Eingriff einer "Zwangsbehandlung" ist schon deshalb grundrechtsrelevant, weil eine solche neuroleptisch-pharmakologische Medikation nicht zu vernachlässigende erhebliche wesensverändernde Effekte in sich birgt.

Die Zwangsbehandlung ist, wie jeder andere Grundrechtseingriff, nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs bestimmt ii.

Der Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes für die materiellen und für die formellen Eingriffsvoraussetzungen hat den Sinn, die primäre Zuständigkeit für die Bewertung von Grundrechtsbeschränkungen als begründet oder ungerechtfertigt zu bestimmen. Nur so ist gewährleistet, dass die Grenzen zwischen zulässigem und unzulässigem Grundrechtsgebrauch und zwischen zulässiger und unzulässiger Grundrechtseinschränkung nicht fallweise nach eigener Einschätzung von beliebigen Behörden oder Gerichten, sondern primär - in der Form eines allgemeinen Gesetzes - durch den Gesetzgeber gezogen werden. iii.

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs müssen hinreichend klar und bestimmt geregelt sein. Die zur Normanwendung berufenen Entscheidungsträger der Unterbringungseinrichtung benötigen auch im eigenen Interesse eine "klare, Rechtssicherheit vermittelnden Eingriffsgrundlage" iv. Die wesentlichen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung müssen aus dem Gesetz selbst in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht erkennbar sein, was eine "über abstrakte Verhältnismäßigkeitsanforderungen hinausgehende Konkretisierung dieser Voraussetzungen" bedeutet v.

Auch die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung einschließlich der Anforderungen, denen die gesetzliche Grundlage für eine solche Behandlung genügen muss, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 23. März 2011 geklärt vi.

Zwangsbehandlungen sind danach, wenn überhaupt, nur dann zuzulassen, wenn Einwilligungsunfähigkeit des Patienten gegeben ist, die geplante Zwangsbehandlung Erfolg verspricht, und das "letzte Mittel" darstellt. Vor jeder Zwangsbehandlung muss bei einem gesprächsfähigen Betroffenen "der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene Versuch vorausgegangen sein, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung des Untergebrachten zu erreichen".

Eine Zwangsbehandlung muss zudem so frühzeitig angekündigt werden, dass der Betroffene vorher rechtzeitig Rechtsschutz suchen kann. Anordnung und Überwachung der Zwangsbehandlung dürften zudem nur durch einen Arzt erfolgen. Die Zwangsbehandlung selbst, aber auch das vorangegangene Gespräch, muss des Weiteren dokumentiert werden und die Notwendigkeit einer Zwangsbehandlung soll von einem externen Gutachter geprüft werden.

Wenn und soweit eine gesetzliche Regelung fehlt oder unzureichend ist, kann einem eventuellen Mangel nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung, sondern nur durch den Gesetzgeber abgeholfen werden vii.

An diesen verfassungsrechtlichen Kriterien wird jedwede künftige Eingriffsgrundlage, wie auch mit den Novellierungen der einzelnen Landesgesetze vorgesehen, zu messen sein.

Für die medizinische Behandlung eines Menschen gilt, dass der Patient selbst entscheidet, ob er ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt oder aber diese ablehnt, unabhängig davon, ob diese Vorgabe an den Arzt aus medizinischer Sicht vernünftig erscheint oder nicht.

Kein Patient kann im Zuge einer Duldungspflicht genötigt werden, einen medizinischen Eingriff oder eine medizinische Behandlung zu dulden. Ein solcher oder eine solche erfüllt "grundsätzlich den Straftatbestand der Körperverletzung", weil jedweder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit "nur mit der - in strafrechtlicher Hinsicht rechtfertigenden - Einwilligung des Betroffenen zulässig ist" viii.

Während es eine Selbstverständlichkeit ist, dass ein Patient auch unter den Bedingungen von freiheitsentziehenden Maßnahmen im Zuge seines Selbstbestimmungsrechtes jedwede ärztliche oder therapeutische Behandlung ablehnen darf, auch wenn gesundheitliche Gefahren drohen ix, soll dies bei einem psychisch kranken Menschen zumindest dann nicht gelten, wenn ein Facharzt für Psychiatrie bei dem Betroffenen von beabsichtigten Zwangsmaßnahmen "Einwilligungsunfähigkeit" konstatiert hat.

Zwangsbehandlung wurde bis 2011 auf verschiedenen Rechtsgrundlagen, betreuungsrechtlich auf den §§ 1904 und 1906 a.F. BGB, öffentlich-rechtlich auf landesrechtliche Vorschriften zur Unterbringung psychisch Kranker (UBG/PsychKG/HFEG) und gegebenenfalls ergänzend auf Vorschriften zum Maßregelvollzug gestützt.

Anlässlich einer Entscheidung zum Unterbringungsgesetz des Landes Baden-Württemberg hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1981 auf die mögliche Gefahr einer "Vernunfthoheit des Arztes über den Patienten" und "einer umfassenden staatlichen Gesundheitsvormundschaft" hingewiesen, denen es auf dem Rechtsweg im Zuge effektiver richterlicher Kontrolle zu begegnen gelte x, ohne hieraus allerdings die naheliegende Konsequenz zu ziehen, die Legitimation von Zwangseingriffen generell in Frage zu stellen.

Vielmehr wurde in dieser Entscheidung aus 1981 zwischen leichteren Formen psychischer Erkrankungen, bei denen ein "Recht auf Krankheit" gelten solle, und schwereren Verlaufsformen, bei denen der "psychisch Kranke vor sich selbst in Schutz zu nehmen" sei, unterschieden und nur für die leichteren Verlaufsformen und "Abweichungen vom Durchschnittsverhalten" xi ein Selbstbestimmungsrecht jenseits staatlicher Fürsorge anerkannt.

Seit 2011 hat in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgrund mehrerer Leitsatzentscheidungen ein tiefgreifender Wandel stattgefunden Erstmals wurde in dieser Deutlichkeit anerkannt, dass Zwangsbehandlungen eine besondere Grundrechtsintensität aufweisen.

Auch und gerade wegen der Potenzierung der Rechtsgutverletzungen (zum einen wird dem Patienten seine Freiheit durch Unterbringung auf einer geschlossenen Station entzogen, zum anderen wird er zwangsweise durch massive Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit veranlasst, die Wirkungen von Psychopharmaka mit wesensveränderndem Einfluss und starken Nebenwirkungen zu erdulden) kommt es zu einer massiven Eingriffsintensität.

Dies hat das Bundesverfassungsgericht wie auch den Bundesgerichtshof in den Jahren 2011 und 2012 veranlasst, sämtliche bislang geltenden bundes- und landesrechtlichen Eingriffsgrundlagen für eine solche Zwangsbehandlung für nichtig zu erklären. Eine Legitimation hierfür aus den vorhandenen Regelwerken wird abgelehnt.

Die bisherigen Bundes- und Landesgesetze, die die pharmakologische Zwangsbehandlung von psychisch Kranken mit selbst- oder auch fremdgefährdenden Verhaltensweisen regeln, waren demnach nicht verfassungskonform.

Die Zwangsbehandlung eines einsichtsfähigen und einwilligungsfähigen Patienten muss nach den aus den Entscheidungen in 2011 und 2012 stammenden verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Selbstbestimmungsrecht des Patienten generell und ohne Ausnahme künftig ausscheiden.

Nur wenn ein Patient krankheitsbedingt nicht krankheitseinsichtig sei, sei eine Zwangsbehandlung bei hinreichenden gesetzlichen Vorgaben im Übrigen denkbar. Nur in diesem Falle könne der Betroffene überhaupt gehindert sein, "seine grundrechtlichen Belange wahrzunehmen", was ebenfalls "zu einer Verletzung der Menschenwürde führen könne".

Für den Maßregelvollzug wurde die Zwangsbehandlung mit Neuroleptika mangels hinreichender Rechtsgrundlage erstmals mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 23.3.2011 xii (vorausgegangene Eilentscheidung 2009) in Rheinland-Pfalz für unzulässig und die dortige bislang herangezogene Eingriffsgrundlage, § 6 Absatz 1 Satz 2 MVollzG des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, für nichtig erklärt. Es folgten weitere Nichtigkeitsentscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 12.10.2011 zu § 8 UBG BW des Bundeslandes Baden-Württemberg xiii und am 10. Februar 2013 zu den landesgesetzlichen Regelungen der §§ 22, 23 SächsPsychKG xiv.

Dieser Rechtsprechung hat sich der Bundesgerichtshof in zwei Beschlüssen vom 20.06.2012 xv zu § 1906 BGB a.F. xvi angeschlossen. Er hat seine bisherige Rechtsprechung zur medikamentösen Zwangsbehandlung im Rahmen des § 1906 BGB aufgegeben.

§ 1906 BGB a.F. und auch die übrigen betreuungsrechtlichen materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften waren nach dieser höchstrichterlichen Feststellung keine hinreichende Eingriffsgrundlage zur Zwangsbehandlung. Für potentiell Betroffene einer zwangsweisen Behandlung mit Neuroleptika gegen den Willen nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. waren die wesentlichen Voraussetzungen dafür aus dem Gesetz selbst nicht erkennbar und auch nicht (mehr) im Wege der Auslegung ableitbar. Schon die Eingriffsintensität der Zwangsbehandlung hätte eine solche Auslegung nicht zugelassen xvii.

Das Bundesverfassungsgericht hatte eine medizinische Zwangsbehandlung in seinen Entscheidungen aus 2011 allerdings nicht per se für verfassungswidrig erklärt, sondern eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung in Grenzen zugelassen. Der BGH hat darauf verwiesen, "dass das Fehlen von Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen dazu führen könne, dass ein Betroffener ohne eine solche Behandlung einen erheblichen Schaden" nehmen könnte xviii. Allerdings haben alle höchstrichterlichen Entscheidungen festgelegt, dass den Gesetzgeber keine Pflicht zur Schaffung von Zwangsbehandlungsgesetzen trifft und insoweit keine Handlungspflicht des Staates statuiert. Dem Gesetzgeber steht es demnach nach wie vor frei, Zwangsbehandlung "durch Schweigen zu verbieten" xix.

Aus den jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes leiten Bundes- wie Landesgesetzgeber im vorliegenden Fall eine Legitimation ab, die rechtlichen Grundlagen der Zwangsbehandlung von einwilligungsunfähigen Patienten neu zu regeln. Hier wird zumeist auf die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Schutzpflicht des Staates und die Notwendigkeit von "Rechtssicherheit" verwiesen xx.

So ist die Zwangsbehandlung von psychisch Kranken nach § 1906 BGB auf Bundesebene im Betreuungsrecht seit dem 26.02.2013 wieder möglich xxi.

Der Bundestag billigte am 17.01.2013 einen entsprechenden inzwischen in Kraft getretenen Gesetzentwurf von Union und FDP, wonach Ärzten als `ultima ratio´ erlaubt wird, psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen auch gegen ihren Willen zu behandeln xxii.

Das Bundesjustizministerium hält die Neuregelung des § 1906 BGB und des FGG für eine "deutliche Verbesserung der Situation" seit den Nichtigkeitsentscheidungen von BVerfG und BGH. Die Rechtsunsicherheit der Ärzte verschwinde, außerdem würden die Anforderungen für eine Zwangsbehandlung "klarer definiert" xxiii.

Auch die Landesregierungen Hessen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wollen in Landesgesetzen zur Unterbringung psychisch Kranker die Zwangsbehandlung Einwilligungsunfähiger neu fassen; Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein planen eine Novellierung des Maßregelvollzugrechtes, um eine neue Rechtsgrundlage für Zwangsbehandlung zu schaffen.

Ziel der geplanten Gesetzesnovellierungen ist, die Zwangsmedikation von nach den einzelnen Landesgesetzen untergebrachten Personen auf eine neue und ausreichende gesetzliche Grundlage zu stellen; die Novellierungen werden seitens der Landesgesetzgeber ausweislich der jeweiligen Begründungen der Gesetzesnovellen als unausweichlich gesehen, weil das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12.10.2011 xxiv die bisherige Grundlage für Zwangsbehandlungen gegen den Willen untergebrachter Personen - auch im Maßregelvollzug - für verfassungswidrig erklärt hat.

Diese Grundsatzentscheidung zu Beginn einer Reihe inhaltlich wesentlich gleichlautender höchstrichterlicher Entscheidungen wirke sich, so die Landesgesetzgeber, auch auf die vergleichbaren gesetzlichen Regelungen für die psychiatrische Zwangsbehandlung aus. Denn den vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen einer Zwangsbehandlung tragen bislang keine der landesrechtlichen Regelungen zur Unterbringung psychisch kranker Menschen (UBG/PsychKG) noch die der Maßregelvollzugsgesetze (MVollzG) Rechnung.

Dementsprechend gibt es in keinem Bundesland zurzeit eine hinreichende Rechtsgrundlage für die medizinische Behandlung gegen den Willen eines Patienten.

Die bisherigen landesgesetzlichen Rechtsgrundlagen lassen vielmehr dem Wortlaut nach eine Zwangsbehandlung ohne besondere Voraussetzungen zu.

Sie enthalten damit allesamt bei einem Vergleich mit den vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Regelungen des rheinland-pfälzischen Maßregelvollzugsgesetzes und des baden-württembergischen Unterbringungsgesetzes ebenfalls keine den grundgesetzlichen Anforderungen genügende Eingriffsermächtigung für eine Zwangsbehandlung.

Ungeachtet der Schwere des Eingriffs der Zwangsbehandlung eines Untergebrachten muss es dem Gesetzgeber prinzipiell erlaubt sein, solche Eingriffe zuzulassen, was auch das Bundesverfassungsgericht eingeräumt hat xxv.

Entsprechend dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes kann im Maßregelvollzugsgesetz in Rheinland-Pfalz als einem Gesetz (auch) mit generalpräventivem Charakter kein Schutz Dritter etwa vor Straftaten mehr in Betracht kommen, um damit Zwangsbehandlung zu rechtfertigen xxvi. Präventiven Aspekten könne, so das Bundesverfassungsgericht, hinreichend durch die geschlossene Unterbringung nach den §§ 63, 64 StGB Rechnung getragen werden xxvii.

Insbesondere das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) könne geeignet sein, die Zwangsbehandlung gegen den erklärten Willen zu rechtfertigen, sofern der Untergebrachte zur Wahrnehmung dieses Interesses infolge krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit nicht in der Lage sei xxviii.

Zwischen dem durch einen Zwangseingriff eingeschränkten Recht auf freie Selbstbestimmung und den grundrechtlichen Belangen, hier dem Freiheitsinteresse des Untergebrachten, die durch den Eingriff gewahrt werden sollen, habe eine Abwägung stattzufinden. Diese Abwägung müsse vor dem Hintergrund gesehen werden, dass einem Teil der Untergebrachten auf Grund ihrer Erkrankung eine freie Willensentscheidung nicht möglich sei.

Sofern der untergebrachte Patient krankheitsbedingt nicht zur Einsicht in die Krankheit fähig sei, könne ausnahmsweise ein Eingriff in sein Grundrecht nach Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes zulässig sein, wenn dieser darauf ziele, dass er sein Selbstbestimmungsrecht danach wieder ausüben könne.

Dies treffe z. B. auf Untergebrachte mit schizophrenen Erkrankungen zu. Schizophrene Psychosen zeichneten sich insbesondere durch erhebliche Störungen basaler kognitiver Fähigkeiten, der Ich-Funktion und des Realitätsbezuges aus, so dass die Betroffenen aufgrund der Erkrankung selbst die Notwendigkeit einer Behandlung nicht kritisch erkennen und reflektieren könnten. Eine misstrauisch-ablehnende Haltung sei häufig Bestandteil der Krankheitssymptomatik. Hier liege die Fähigkeit zu einer freien Entscheidung für die vorliegende Krankheit im Rahmen einer akuten oder chronisch floriden Symptomatik nicht vor, da die Erkrankung selbst die Persönlichkeitsstruktur und die sich aus ihr ergebenden Muster der Entscheidungsfindung und Willensbildung nachhaltig beeinträchtige. Eine unbehandelte Schizophrenie könne für den Betroffenen einen fortschreitenden Zerfall der Persönlichkeit mit gravierenden psychosozialen Folgen bedeuten xxix.

Sobald die Fähigkeit zur Selbstbestimmung wiederhergestellt sei, könne sich der Untergebrachte dann wieder frei entscheiden, ob er eine weitere Behandlung im Sinne seines Freiheitsinteresses wünsche oder ob er von seiner grundrechtlich geschützten Freiheit dahingehend Gebrauch mache, sich für die "Freiheit zur Krankheit" zu entscheiden und auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen xxx.

Die Landesregierungen von Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein sehen entsprechenden Handlungsbedarf, die Regelungen der Unterbringungsgesetze PsychKG/UBG beziehungsweise der Maßregelvollzugsgesetze in Novellen den rechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wie folgt anzupassen.


2. Die Gesetzentwürfe im Wortlaut - Ein Überblick

Sämtliche Landesgesetze enthalten bislang keine hinreichend konkrete Grundlage zur Zwangsbehandlung und dürften allesamt schon nicht den Anforderungen, die an die Klarheit und Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage für einen besonders schweren Grundrechtseingriff zu stellen sind, entsprechen. Aus diesem Grund sieht der jeweilige Landesgesetzgeber auch die Notwendigkeit von Gesetzesnovellen


(a) Der Entwurf § 8 UBG Baden-Württemberg neue Fassung lautet wie folgt (Stand Dezember 2012):

§ 8 Behandlung

(1) Wer auf Grund dieses Gesetzes in einer anerkannten Einrichtung untergebracht ist, hat Anspruch auf die notwendige Behandlung. Die Behandlung der Anlasserkrankung soll die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung der untergebrachten Person so weit als möglich wieder herstellen, um ihr ein möglichst selbstbestimmtes, in der Gemeinschaft eingegliedertes Leben in Freiheit zu ermöglichen. Die Behandlung umfasst auch Maßnahmen, die erforderlich sind, um der untergebrachten Person nach ihrer Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.

(2) Die Behandlung bedarf der Einwilligung der untergebrachten Person. Die Einwilligung muss auf dem freien Willen der insoweit einwilligungsfähigen und ärztlich angemessen aufgeklärten untergebrachten Person beruhen. Die Aufklärung soll dem Ziel dienen, dass die untergebrachte Person der Behandlung zustimmt.

(3) Die Einwilligung der untergebrachten Person ist dann nicht erforderlich, wenn und solange

1. sie krankheitsbedingt zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit der Krankheit, wegen derer ihre Unterbringung notwendig ist, oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht nicht fähig ist und die Behandlung nachweislich dazu dient,

a) eine Lebensgefahr oder eine akute schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person abzuwenden oder

b) die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung der untergebrachten Person so weit als möglich wiederherzustellen, um ihr ein möglichst selbstbestimmtes, in der Gemeinschaft eingegliedertes Leben in Freiheit zu ermöglichen oder

2. die Behandlung dazu dient, eine Lebensgefahr oder eine akute schwerwiegend Gefahr für die Gesundheit dritter Personen abzuwenden.


Die Behandlung nach Satz 1 muss im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg versprechen. Sie darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn mildere Mittel, insbesondere eine weniger eingreifende Behandlung, aussichtslos sind. ln den Fällen von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b muss ihr der Versuch einer ernsthaften ärztlichen Aufklärung der betroffenen untergebrachten Person vorausgegangen sein, der darauf zielt, deren auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen; in den Fällen von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 soll eine solche ärztliche Aufklärung erfolgen, sofern die Umstände diese zulassen. Ist die ärztliche Aufklärung unterblieben, soll sie sobald als möglich nachgeholt werden. Die für die untergebrachte Person mit der Behandlung einhergehenden Belastungen dürfen nicht außer Verhältnis zu dem erwartbaren Nutzen stehen; der im Hinblick auf die Behandlung zu erwartende Nutzen muss mögliche Schäden der Nichtbehandlung deutlich feststellbar überwiegen. Erfordert die Behandlung einen operativen Eingriff oder ist sie mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden und ist die untergebrachte Person nicht fähig, Grund, Bedeutung oder Tragweite der Behandlung einzusehen oder ihren Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen, ist die Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertretung erforderlich.

(4) Eine Behandlung nach Absatz 3 darf nur auf ärztliche Anordnung und unter ärztlicher Überwachung durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Behandlungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. Ist eine Behandlung nach Absatz 3 erfolgt, soll, sobald es der Gesundheitszustand der untergebrachten Person zulässt, eine Nachbesprechung der Maßnahme durch die zuständige Ärztin oder den zuständigen Arzt erfolgen. Das Gespräch ist zu dokumentieren.

(5) Eine Behandlung nach Absatz 3 ist nur mit Zustimmung des Betreuungsgerichts zulässig. Für Personen, die nach § 15 untergebracht sind, ist die vorherige Zustimmung der Strafvollstreckungskammer beziehungsweise Jugendkammer erforderlich.
Dies gilt nicht in den Fällen von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der gefährdeten Person ergeben würden ("Gefahr im Verzug").

(6) Liegt eine wirksame Patientenverfügung der zu behandelnden Person vor, durch die eine Behandlung nach Absatz 3 ausgeschlossen ist, geht die Patientenverfügung vor. Dies gilt nicht, wenn ein Fall von Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 vorliegt."


(b) Der Entwurf der §§ 8 ff. MVollzG (Nds.) lautet wie folgt (Stand Januar 2013):

§ 8 - Behandlung der Anlasskrankheit

(1) 1Der Untergebrachte hat Anspruch auf die nach dem aktuellen Stand des Wissens notwendige medizinische, therapeutische, pflegerische und pädagogische Behandlung seiner psychischen Krankheit, Störung oder Behinderung, die der Unterbringung zugrunde liegt (Anlasskrankheit). 2Die Bereitschaft zur Behandlung und die Mitarbeit sind zu fördern. 3Eine Behandlung, die die Persönlichkeit des Untergebrachten in ihrem Kernbereich verändern würde, ist unzulässig.

(2) Der Untergebrachte ist durch einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Dauer und Umfang der Behandlung in einer seiner Auffassungsgabe und seinem Gesundheitszustand angemessenen Weise aufzuklären.

§ 8 a - Zulässigkeit der Behandlung der Anlasskrankheit bei Einwilligungsfähigen

1Ist der Untergebrachte fähig, Grund, Bedeutung und Tragweite der Behandlung einzusehen und seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen (Einwilligungsfähigkeit), so ist die Behandlung der Anlasskrankheit zulässig, wenn der Untergebrachte nach entsprechender Aufklärung (§ 8 Abs. 2) in die Behandlung eingewilligt hat. 2Willigt ein einwilligungsfähiger Untergebrachter in die Behandlung nicht ein, so ist er durch einen Arzt auf die möglichen medizinischen und rechtlichen Folgen der Ablehnung hinzuweisen.

§ 8 b - Zulässigkeit der Behandlung der Anlasskrankheit bei Einwilligungsunfähigen

(1) 1Ist der Untergebrachte einwilligungsunfähig, so ist für die Behandlung der Anlasskrankheit sein natürlicher Wille festzustellen. 2Ist der natürliche Willenach entsprechender Aufklärung (§ 8 Abs. 2) auf die Durchführung der Behandlung gerichtet, so ist sie zulässig. 3Ist der natürliche Wille gegen die Durchführung der Behandlung gerichtet, so ist die Behandlung nur aufgrund einer schriftlichen Anordnung der Vollzugsleitung nach den Absätzen 4 bis 7 und nach Maßgabe der Absätze 8 und 9 zulässig.

(2) 1Ist der natürliche Wille eines einwilligungsunfähigen volljährigen Untergebrachten nicht feststellbar und liegt eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vor, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen, so richtet sich die Zulässigkeit der Behandlung der Anlasskrankheit nach dem daraus ermittelten Willen. 2Ob die Festlegungen der Patientenverfügung auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen, prüft der Betreuer oder der Bevollmächtigte; er hat dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen (§ 1901 a Abs. 1 BGB). 3Hat der Untergebrachte weder einen Betreuer noch einen Bevollmächtigten, so hat die Vollzugsleitung die Bestellung eines Betreuers anzuregen. 4Solange ein Betreuer nicht bestellt ist, obliegen die Aufgaben nach Satz 2 dem zuständigen Arzt. 5Liegt eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht vor oder treffen die Festlegungen der Patientenverfügung auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation nicht zu, so beurteilt sich die Zulässigkeit der Behandlung der Anlasskrankheit nach § 1901 a Abs. 2 BGB; die Sätze 3 und 4 gelten entsprechend.

(3) 1Ist der natürliche Wille eines einwilligungsunfähigen minderjährigen Untergebrachten nicht feststellbar, so ist die Behandlung der Anlasskrankheit zulässig, wenn der mutmaßliche Wille des minderjährigen Untergebrachten auf die Durchführung der Behandlung gerichtet ist. 2Für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens gilt 1901 a Abs. 2 BGB entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Betreuers die Personensorgeberechtigten treten.

(4) 1Eine Anordnung der Behandlung der Anlasskrankheit gegen den natürlichen Willen des Untergebrachten kann getroffen werden, wenn

1. eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 Satz 1 BGB, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Behandlung gerichtet sind, nicht vorliegt,

2. der ernsthafte, mit dem erforderlichen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch eines Arztes, eine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu der Behandlung zu erreichen, erfolglos geblieben ist,

3. die Behandlung mit dem Ziel vorgenommen wird, als Voraussetzung für das Erreichen des Ziels der Unterbringung die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung des Untergebrachten zu schaffen oder wiederherzustellen, und die Behandlung geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen,

4. weniger eingreifende Behandlungen aussichtslos sind und

5. der Nutzen der Behandlung die mit ihr einhergehenden Belastungen und den möglichen Schaden bei Nichtbehandlung deutlich überwiegt.
2Für die Feststellung, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 1 vorliegen, gilt Absatz 2 Sätze 2 bis 4 entsprechend. 3In der Anordnung müssen Art, Dauer und Umfang der Medikation, die Intensität der ärztlichen und pflegerischen Überwachung sowie andere begleitende Kontrollen bestimmt werden. 4Art und Dauer der konkret anzuwendenden Maßnahmen einschließlich der Auswahl und Dosierung einzusetzender Medikamente und begleitender Kontrollen dürfen nicht über das Erforderliche hinausgehen.

(5) 1Vor einer Anordnung müssen zwei von der Einrichtung unabhängige Sachverständige in einer gemeinsamen Stellungnahme festgestellt haben, dass die Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 Nrn. 2 bis 5 vorliegen. 2Ein Sachverständiger muss Facharzt für Psychiatrie sein und der andere Sachverständige eine Person mit Erfahrung im Umgang mit Untergebrachten. 3Das Fachministerium beruft Fachärzte für Psychiatrie auf Vorschlag der Ärztekammer Niedersachsen und Personen mit Erfahrung im Umgang mit Untergebrachten auf Vorschlag des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung als Sachverständige für die Dauer von fünf Jahren. 4Die Auswahl der Sachverständigen im Einzelfall trifft das Fachministerium oder die von ihm bestimmte Landesbehörde. 5Die Sachverständigen sind unabhängig und nicht weisungsgebunden sowie zur Verschwiegenheit verpflichtet. 6Sie werden nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2418), in der jeweils gültigen Fassung entschädigt. 7Die Vollzugsleitung und der Träger der Einrichtung sind verpflichtet, die Sachverständigen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. 8Sie haben ihnen, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, Auskünfte zu erteilen, Akteneinsicht zu gewähren und Gespräche mit den Untergebrachten sowie den Bediensteten zu ermöglichen. 9Der Untergebrachte ist von dem zuständigen Arzt über die bevorstehende Begutachtung durch die Sachverständigen zu unterrichten.

(6) 1Der Untergebrachte ist nach Vorliegen der Stellungnahme der Sachverständigen von dem zuständigen Arzt über die beabsichtigte Anordnung zu unterrichten. 2Ist der Untergebrachte minderjährig, so sind auch die Personensorgeberechtigten zu unterrichten. 3Hat der Untergebrachte einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten, so ist auch dieser zu unterrichten.

(7) 1Die Anordnung der Behandlung ist dem Untergebrachten vor Behandlungsbeginn schriftlich bekannt zu geben. 2Ist der Untergebrachte minderjährig, so ist die Anordnung auch den Personensorgeberechtigten bekannt zu geben. 3Hat der Untergebrachte einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten, so ist die Anordnung auch diesem bekannt zu geben. 4Beantragt der Untergebrachte nicht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Anordnung gerichtliche Entscheidung (§ 109 in Verbindung mit § 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes), so darf mit der Behandlung begonnen werden.

(8) 1Die Behandlung ist unter Angabe der maßgeblichen Gründe für ihre Anordnung, des Zwangscharakters der Behandlung, der Art und Weise der Durchführung, der vorgenommenen Kontrollen und der Überwachung der therapeutischen Wirksamkeit zu dokumentieren. 2Sie ist durch einen Arzt zu überwachen.

(9) 1Die Behandlung ist nach Erreichen des Behandlungsziels, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten zu beenden. 2Sie ist auch zu beenden, wenn im Verlauf der Behandlung eine Besserung nicht eintritt oder schwerwiegende Nebenwirkungen einen Abbruch der Behandlung erforderlich machen. 3Die Behandlung darf nach Ablauf von sechs Monaten nur fortgeführt werden, wenn die Fortführung der Behandlung von der Vollzugsleitung schriftlich angeordnet worden ist; die Absätze 4 bis 8 und die Sätze 1 und 2 gelten für die Fortführung entsprechend."
§ 8 c - Behandlung bei einer in der Anlasskrankheit begründeten gegenwärtigen erheblichen Gefahr

(1) 1Zur Abwehr einer in der Anlasskrankheit begründeten gegenwärtigen erheblichen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person ist eine Behandlung eines Untergebrachten auch gegen dessen Willen zulässig, wenn sie geeignet ist, die Gefahr abzuwehren, die Gefahr nicht durch ein weniger belastendes Mittel abgewehrt werden kann und weniger eingreifende Maßnahmen aussichtslos sind. 2Die Behandlung bedarf der Anordnung der Vollzugsleitung.

(2) Besteht eine in der Anlasskrankheit begründete gegenwärtige erhebliche Gefahr nur für das Leben oder die Gesundheit des Untergebrachten, so ist eine Behandlung des Untergebrachten nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen und der Untergebrachte die Behandlung in einwilligungsfähigem Zustand nicht abgelehnt hat.

(3) 1Die Behandlung ist unter Angabe der maßgeblichen Gründe für ihre Anordnung, des Zwangscharakters der Behandlung, der Art und Weise der Durchführung, der vorgenommenen Kontrollen und der Überwachung der therapeutischen Wirksamkeit zu dokumentieren. 2Sie ist durch einen Arzt zu überwachen. 3Ist der Untergebrachte minderjährig, so sind die Personensorgeberechtigten zu unterrichten. 4Hat der Untergebrachte einen Betreuer oder Bevollmächtigten, so ist dieser zu unterrichten.

(4) Die Behandlung ist nach Erreichen des Behandlungsziels, spätestens nach Ablauf von zwei Wochen zu beenden.
§ 8 d - Behandlung sonstiger Krankheiten, sonstige Gesundheitsfürsorge, Hygiene
1Untergebrachte haben in entsprechender Anwendung der §§ 56 bis 63 des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes (NJVollzG) vom 14. Dezember 2007 (Nds. GVBl. S. 720), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl. S. 566), in der jeweils geltenden Fassung Anspruch auf Behandlung von anderen Krankheiten als der Anlasskrankheit sowie auf Schutzimpfungen, medizinische Vorsorgeleistungen und Gesundheitsuntersuchungen und in entsprechender Anwendung des § 71 NJVollzG auf Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. 2Untergebrachte sind anzuhalten, auf die eigene Gesundheit zu achten, auf die Gesundheit anderer Personen Rücksicht zu nehmen und Hygienevorschriften einzuhalten.


(c) Der Entwurf des § 11 des vollständig neu geschaffenen UBG des Landes Hessen lautet wie folgt :

§ 11 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchungen und Behandlungen sowie die Ernährung sind zwangsweise gegen den natürlichen Willen einer untergebrachten Person nur zulässig bei

1. Lebensgefahr,

2. erheblicher Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit der untergebrachten Person oder

3. erheblicher Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit anderer Personen oder

4. wenn dies zur Wiedererlangung der Freiheit und zur Wiederherstellung der Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der untergebrachten Person erforderlich ist und wenn gewichtige Gründe die Annahme belegen, dass ohne die Maßnahme die Entlassung der untergebrachten Person nicht möglich sein wird.

(2) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn

1. erfolglos versucht worden ist, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung der untergebrachten Person zu der Untersuchung, Behandlung oder Ernährung zu erwirken,

2. deren Anordnung der untergebrachten Person angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahme durch eine Ärztin oder einen Arzt aufgeklärt wurde,

3. die Maßnahme zur Abwendung der Lebens- oder Gesundheitsgefahr oder zur Wiederherstellung der Freiheit geeignet, erforderlich, für die betroffene Person nicht mit unverhältnismäßigen Belastungen und Folgen verbunden ist und mildere Mittel keinen Erfolg versprechen und

4. der zu erwartende Nutzen der Maßnahme den möglichen Schaden der Nichtbehandlung deutlich überwiegt.

(3) Zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 ist die Einrichtung nicht berechtigt, solange von einer freien Willensbestimmung der untergebrachten Person ausgegangen werden kann.

(4) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 werden durch eine Ärztin oder einen Arzt nach § 4 Abs. 2 geleitet und überwacht. Die Gründe für die Anordnung der Maßnahmen nach Abs. 1, das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 2 sowie die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf, sind zu dokumentieren.

(5) Von den Anforderungen nach Abs. 2 Nr. 1 und 2 kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug besteht.

(6) Liegt eine wirksame Patientenverfügung der zu behandelnden Person vor, durch die die Behandlung ausgeschlossen ist, ist die Patientenverfügung vorrangig. Dies gilt nicht für den Fall des Abs. 1 Nr. 3, wenn die Behandlung dazu dient, eine Lebensgefahr oder eine akute schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit dritter Personen abzuwenden.

(7) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der untergebrachten Person zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.


(d) In Anlehnung hierzu soll das Maßregelvollzugsgesetz in Hessen in § 7a wie folgt neu gefasst werden:

§ 7a Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(.) in Abs. 1 bis 5 wesentlich inhaltsgleich mit dem geplanten § 11 HUBG

(6) Die Behandlung aufgrund einer Anordnung nach Abs. 2 bedarf der vorherigen Genehmigung der Strafvollstreckungskammer oder des einweisenden Gerichts.

ALTERNATIVER ABS. 6: Die Behandlung aufgrund einer Anordnung nach Abs. 2 bedarf der vorherigen Genehmigung der Fachaufsicht. Gegen die Anordnung kann nach § 109 der Strafprozessordnung gerichtliche Entscheidung beantragt werden.

(7) Liegt eine wirksame Patientenverfügung der zu behandelnden untergebrachten Person vor, durch die die Behandlung ausgeschlossen ist, ist die Patientenverfügung vorrangig. Dies gilt nicht für den Fall des Abs. 1 Nr. 3, wenn die Behandlung dazu dient, eine Lebensgefahr oder eine akute schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit dritter Personen abzuwenden."


(e) Der Entwurf des § 14a des PsychKG des Landes Schleswig-Holstein lautet wie folgt :

§ 14a Voraussetzungen medizinischer Behandlung

(1) Die medizinische Behandlung eines einwilligungsfähigen Untergebrachten ist zulässig, wenn sie von einer frei von unzulässigem Druck, auf der Grundlage der gebotenen ärztlichen Aufklärung, erteilten Einwilligung des Untergebrachten gedeckt ist.


(2) In anderen Fällen ist die medizinische Behandlung eines Untergebrachten nur zulässig, wenn

1. eine psychische Krankheit den Untergebrachten daran hindert, die Schwere seiner Krankheit und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen einzusehen oder gemäß solcher Einsicht zu handeln (Einwilligungsunfähigkeit),

2. die Behandlung verspricht, dem Betroffenen ein Leben in Freiheit zu ermöglichen,

3. keine Aussicht besteht, dass eine weniger eingreifende Behandlung dem Betroffenen ein Leben in Freiheit ermöglicht,

4. der erwartbare Nutzen der Behandlung die damit verbundenen Belastungen deutlich überwiegt,

5. die Behandlung dem in einer Patientenverfügung dokumentierten oder, wenn eine Patientenverfügung dazu nicht vorliegt, dem mutmaßlichen Willen des Untergebrachten entspricht,

6. eine den Verständnismöglichkeiten des Untergebrachten entsprechende ärztliche Aufklärung über die beabsichtige Behandlung und ihre Wirkungen erfolgt ist,

7. ein ernsthafter Versuch unternommen worden ist, die auf Vertrau-en gegründete Zustimmung des Untergebrachten zu erreichen, falls dieser der Behandlung widerspricht,

8. ein Arzt die beabsichtigte Behandlung in einem Behandlungsplan niedergelegt hat (§ 12) und

9. die Behandlung entsprechend der §§ 8-11 angeordnet worden ist.

(3) Eine Behandlung entspricht dem mutmaßlichen Willen des Untergebrachten, wenn er der Maßnahme bei wiedererlangter Einsichtsfähigkeit voraussichtlich zustimmen wird. Eine Behandlung, die mit mehr als einem vernachlässigbaren Restrisiko irreversibler Gesundheitsschäden verbunden ist, widerspricht in der Regel dem mutmaßlichen Willen des Untergebrachten.

(4) Eine Behandlung kann gleichzeitig mit der Unterbringung angeordnet werden.

(5) Die vorläufige Anordnung einer Behandlung nach Absatz 2 in Verbindung mit § 11 ist nur zulässig, wenn sie erforderlich ist, um von dem untergebrachten Menschen eine nicht anders abwendbare gegenwärtige Gefahr einer erheblichen Schädigung seiner Gesundheit oder für sein Leben abzuwenden.

(6) Behandlungsmaßnahmen nach Absatz 2 sind einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der maßgeblichen Gründe und der Wirkungsüberwachung.


(f) § 5a MVollzG in der geplanten neuen Fassung

ist inhaltsgleich mit § 14a PsychKG Schleswig-Holstein xxxi


3. Eine kleine Rechtsphilologie der leges propositae


Im 2. Kapitel haben wir ohne Plagiatsabsicht die hier vor allem traktierten Gesetzentwürfe in einer Art Zitatencollage kommentarlos vorgestellt. Jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete, die wir vor allem ansprechen, soll sich zuerst und vor allem selbst ein Gesetzesbild verschaffen. Wir verstehen unsere vor- und nachgeschalteten Ausführungen und Belege als Lesehilfe, mitnichten als Anleitung, eines jedenfalls untergründig komplexen, voll von missverständlichen Angeln bestehenden scheinglatten Textes. Deren bedarf man freilich. "Gesund" wird der Menschenverstand nur, wenn er die Lese-, Gesprächs-, Beobachtungs- und Gedankenzeit erübrigt und sich im jeweiligen spinnwebig versponnenen Problemloch mit genügend gedanklichem Licht Einsichtshelle verschafft. Darum maßen wir uns auch nicht an, an Ihrer Stelle zu lesen. Über hier brauchbare Brillen aus langer Beschäftigung verfügend, wollen wir nur auf etliche wichtige, leicht übersehbare Kleinigkeiten entlang des ausgewählten Textes aufmerksam machen.

ad a) Der Entwurf § 8 UBG Ba-Wü

(1) Wohl gedacht und wohl beabsichtigt, dieser 1. Absatz, indes durch und durch vormundlich - früher hätte man gesagt, patriarchalisch - ausgedrückt. Die Patientin/der Patient, deren beliebig inhaltlich füllbare "Anlasserkrankung", dafür "notwendig" "behandelt" werden soll, wird wie unvermerkt von vornherein zum Objekt. Sie/Er wird in dieser Hinsicht versachlicht.
 
(2) Wie dem so ist, geht es von vornherein nur darum, dass die schon "untergebrachte Person" - über die Prozedur und wenigstens ihre Mitentscheidung beim Unterbringen erfährt man nichts - in etwas offenbar schon nahezu Fertiges einwilligt. Immerhin soll sie aufgeklärt werden mit dem freilich bestimmten Ziel, sie solle "der Behandlung" zustimmen. Eine offenere Formulierung sucht man vergebens. Immerhin ist die Person schon "untergebracht", sodass die Behandlung fast wie eine logische Folge aussieht.
 
(3) Kaum stellt sich Unruhe ein, weil vorausgesetzte Prämissen wie selbstverständlich erscheinen und keine transparente Aufnahme- und Entscheidungsstruktur erkenntlich sind, kommt schon der Zwangshammer aus dem Ärmel. Harmlos und ohne den qualitativen Verhaltenssprung auch nur anzudeuten. Einem selbstverständlichen Sach- als Personenzwang gleich, werden im langen 3. Punkt nur ohne Erörterung die aus der nicht diskutierten Zwangsprämisse folgenden, ihrerseits argumentations- und nachweisdunkel bleibenden Kriterien kriterienlos, sprich pauschal benannt. Unter der Voraussetzung der Einwilligung, da zu bleiben und behandelt zu werden - Scheunentore in deren Worthallen alles untergebracht werden kann -, werden subkutan Zwangsgründe aufgereiht: krankheitsbedingt, behandlungsbedürftig, Zwangsunterbringung, zugleich einsichtsunfähig - eine Sequenz, in der jeder qualifizierende Ausdruck für sich steht und zugleich wie in einer engen Sequenz von den anderen Qualitäten bedingt wird, die er seinerseits bedingt. Und diese Sequenz wird mit der Krone geschlossen, die zwangsweise Behandlung diene "nachweislich" (!?!) - ohne dass von Nachweisen irgend die Rede ist - einem Kuddelmuddel als selbstverständlich und also evident statuiertem Ziele. Als da sind: "eine Lebensgefahr" abzuwenden (wer die Gefahr wohl erkennt und wertet? Gewiss nicht der/die Behandelte); eine davon offenkundig und dunkel zugleich unterschiedene "akute und schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit" über die Person hinweg abzuwehren (die Fragen warum, wer wie, was und vor allem mit welchen Mitteln kehren im ungesungenen Refrain wieder); wo aber solche Gefahren zwangsbewehrt sind, wächst das Rettende "freier Selbstbestimmung" auch im praktizierten und dann zu lebenden Paradoxon. Und so geht es unter 2. weiter. Jetzt sind die Gefahren für "dritte Personen" in unbegrenzter Skalierung an der Reihe, potentiell die Menschheit in toto.
 

(4) Wir halten ein. Die hier pseudogesetzesförmig mit einer fahrlässigen Formulierung nach der anderen formulierte Sache der Zwangsbehandlung ist für die so Behandelten zu bitter erst, als dass man kabarettartig herausheben dürfte, was in diesem Vorschlagstext eines in jeder Hinsicht unreifen Gesetzes wachschlummert. Im (3) Absatz geht es mit atemlosem Tempo über die spitzen Steine ungeklärter Behauptungen mit mutmaßlich angestrebtem Placeboeffekt weiter. Zunächst wird eher verheißen als verlangt - geschweige denn in Wie aufgedeckt -, dass die Behandlung ihrem Ziel entsprechen und vor allem erfolgreich ausfallen müsse, ein ungedeckter und einseitig abzugeltender Vertrauensscheck zuungunsten allein des zwangsbehandelten Schuldners ohne eigene Anteile. Hinzugefügt wird im nächsten Satz, die Behandlung, dürfe nur "als letztes Mittel" eingesetzt werden. Wie sie dann wohl aussieht? Wer über sie und ihren Erfolg an dem behandelten sub-jectum, der unterworfenen Sachperson entscheidet? Usw.; usf..

Diese Brise einer Rechtsphilologie müssen wir, vom Gesetzentwurf "behandelt", vorläufig abschließen. Sobald man die Entwürfe der Gesetzestexte genauer liest - und genauer lesen heißt, sie analytisch, sprich sie auf ihre Voraussetzungen und Konsequenzen zu lesen, letztlich eingedenk des Maßstabs in unserem Falle, was geschieht der behindert versehrten Bürgerin und dem behindert versehrten Bürger, damit sie ein möglichst gleiches, freies und selbstbestimmtes Leben führen können -, also sobald man diese Entwürfe genauer liest und durch sie hindurchblickt, könnte es so scheinen, als polemisiere man. Das aber ist mitnichten unsere Absicht. Wir wollen nur verhindern, soweit wir dies als sachverständige Bürger tun können, dass Gesetzentwürfe, die ein Übermaß an mangelhaft begründeten, zum Teil auch so nicht begründbaren Regelungen den Repräsentierenden der Bürgerinnen und Bürger und diesen selbst auftischen, nicht doch wenigstens zeitweise rechtens werden. Sie formen nämlich im Ergebnis Unrecht. Unrecht für alle psychisch Behinderten; Unrecht selbst für die Bürgerinnen und Bürger. Sie täuschen sie in ihrer zulässigen Hoffnung, Regeln zu erhalten, die Umgangsformen mit psychisch Behinderten erlauben, die allen Spaß bereiten in möglichst gesunden Lebensverhältnissen zu leben ohne repressive Diskriminierungen Anderer und Andersartiger unter uns.



4. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zur Zwangsbehandlung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12.10.2011, 2 BvR 633/11 xxxii, § 8 Absatz 2 Satz 2 des Unterbringungsgesetzes des Landes Baden-Württemberg (UBG BW) als mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG i. V. mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar und nichtig erklärt. Vorausgegangen war die Entscheidung des BVerfG vom 23.03.2011, 2 BvR 882/09, die § 6 Abs. 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über den Vollzug freiheitsentziehender Maßregeln (MVollzG RP), der operative Eingriffe, Behandlungen und Untersuchungen an einem im Maßregelvollzug Untergebrachten auch ohne dessen Einwilligung zulässt, ebenfalls als mit Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar und demzufolge als nichtig erklärt xxxiii.

Bei der medizinischen Zwangsbehandlung eines Patienten mit Neuroleptika, handelt es sich nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts um "einen besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit" xxxiv.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht nur zu den Regelungen der Länder Rheinland-Pfalz xxxv, Baden-Württemberg xxxvi und Sachsen xxxvii Stellung genommen. Jedoch dürften die bisherigen landesrechtlichen Regelungen in Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein in Konsequenz der zitierten Entscheidungen den aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abzuleitenden "Anforderungen, denen ein zur medizinischen Zwangsbehandlung eines Untergebrachten ermächtigendes Gesetz" genügen soll, nicht entsprechen.

Der "scheinbare Konsens, mit Zwangsbehandlungen in der Praxis umzugehen" xxxviii, endete auch für die landesrechtlichen Vorschriften in den Bundesländern Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein mit den Entscheidungen des BVerfG.

Selbst wenn in engem Rahmen von einer Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung im Zuge einer Neuregelung der UBG/PsychKG und der MVollzG ausgegangen würde, müssen in Konsequenz dieser verfassungsgerichtlichen Postulate xxxix eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein:


a. Generell ist eine Zwangsbehandlung nur bei einwilligungsunfähigen Patienten zulässig; ist der Betroffene in der Lage seinen Willen kundzutun und Risiken und Nutzen der Behandlung abzuwägen, ist eine Behandlung gegen den erklärten Willen eines Patienten unzulässig.

Eine vorab errichtete Patientenverfügung ist dem gleichgestellt, soweit diese die Zwangsbehandlung untersagt:
Eine Patientenverfügung manifestiert den früher geäußerten freien Willen eines Patienten selbst dann, wenn dieser im Zuge einer akuten Behandlung als nicht einwilligungsfähig gilt. Der in der Verfügung geäußerte Wille ist maßgeblich. Es handelt sich um Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte Untersuchungen des Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe, die auf die darauffolgend konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutreffenxl. Diese Entscheidung ist für Ärzte, Gerichte und auch andere Beteiligte bindend xli.

b. Zwangsbehandlung darf nur `ultima ratio´ sein. Jedweder Zwangsbehandlung vorausgehen muss nach dem Wortlaut der verfassungsrechtlichen Leitentscheidungen "der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene Versuch, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung des Untergebrachten zu erreichen".

c. Eine Zwangsbehandlung muss vorab so rechtzeitig angekündigt werden, dass der Betroffene vorher effektiven Rechtsschutz einholen kann xlii.

d. Die Maßnahme muss einen Heilungserfolg durch die Medikation gewährleisten. Sie muss angemessen, geeignet und erforderlich sein.

e. Verboten ist eine Zwangsbehandlung ohne Ausnahmen, wenn diese "mehr als mit einem vernachlässigbarem Restrisiko irreversibler Gesundheitsschäden verbunden ist" xliii.

f. Es besteht Dokumentationspflicht hinsichtlich des vorangegangenen Gespräches, des Zwangscharakters der Zwangsmaßnahme, der Durchsetzungsweise der Zwangsmedikation, der Benennung maßgeblicher Gründe der Maßnahme und Wirkungsüberwachung xliv.

g. Die Zwangsmedikation muss vorab in jeder Hinsicht hinsichtlich der Behandlung, ihrer Art, ihrer Dauer und der Dosierung der Medikation konkretisiert werden xlv.

h. In dem Genehmigungsbeschluss muss "die von dem Betreuten zu duldende Behandlung so präzise wie möglich an(ge)geben" werden, wozu die Angabe des Medikaments, Dosierung und Verabreichungshäufigkeit und ein Ersatzmedikament gehörten, wenn das genehmigte Medikament nicht vertragen werde 46.

i. Anordnung und Überwachung der Zwangsbehandlung müssen durch einen Arzt erfolgen.

j. Die Notwendigkeit der Zwangsbehandlung muss einrichtungsextern gutachterlich festgestellt werden. Vom Bundesverfassungsgericht ist als besonderes Problem hervorgehoben, dass in Fachkreisen bislang nicht hinreichend gesichert ist, dass krankheitsbedingt fehlende Einsichtsfähigkeit Voraussetzung der Zwangsbehandlung sein muss. So existieren in Deutschland, nachdem von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in den neunziger Jahren initiierte Versuche zur Etablierung medizinischer Standards für Zwangsbehandlungen nicht zu einem Ergebnis geführt haben, keine medizinischen Standards für psychiatrische Zwangsbehandlungen, aus denen mit der notwendigen Deutlichkeit hervorginge, dass Zwangsbehandlungen mit dem Ziel, den Untergebrachten entlassungsfähig zu machen, ausschließlich im Fall krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit zulässig wären. Das dementsprechende Bewusstsein hierfür hat sich in den medizinischen und juristischen Fachkreisen noch nicht allgemein verbreitet xlvi.

Dass dementsprechend ein Bewusstsein hierfür in den medizinischen und juristischen Fachkreisen nicht vorhanden sei und eine Regelung, wie in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 23.03.2011 festgestellt, unverzichtbar sei, zeige sich schon daran, dass weder die Klinik noch die Fachgerichte sich in der der Entscheidung zugrunde liegenden Fallkonstellation mit der Frage auch nur ansatzweise auseinandergesetzt hätten, ob beim Patienten eine krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Einsicht in die Notwendigkeit der Behandlung bestanden habe. Die bloße Diagnose einer Persönlichkeitsstörung jedenfalls beantworte diese Frage nicht im Ansatz.

k. Zwangsbehandlung sei schon wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht erlaubt, um den Schutz Dritter vor künftigen Straftaten oder auch Gefahren des Untergebrachten im Fall seiner Entlassung zu gewährleisten. Dieser Schutz, so die entsprechende Entscheidung, könne auch dadurch gewährleistet werden, dass der Betreffende unbehandelt im Maßregelvollzug verbleibe.
Eine Zwangsbehandlung mit Neuroleptika zum Zwecke der Gefahrenabwehr ist seither ausgeschlossen.

l. Das BVerfG hält die Voraussetzungen für eine bloße Unvereinbarkeitserklärung mit begrenzter Weitergeltung angesichts der Schwere der Grundrechtseingriffe bei einer Regelung zur Zwangsbehandlung bei nicht verfassungskonformen Vorschriften nicht für gegeben. Eine gesetzliche Grundlage für eine Zwangsbehandlung kann daher auch künftig keine geltungserhaltende Reduktion für sich beanspruchen, wenn eine gesetzliche Regelung mangelhaft ist. Eine verfassungskonforme Auslegung eines künftigen Regelwerkes ist ebenfalls ausgeschlossen; dieses müsste vollumfänglich und in allen Punkten den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes genügen.

Diese hohen Hürden, die das Bundesverfassungsgericht 2011 für ein künftiges nicht von ihm als zwingend notwendig erachtetes Zwangsbehandlungsgesetz aufgestellt hat, zeigen die Intensität und Schwere des Grundrechtseingriffes bei einer Zwangsbehandlung auf.

 

5. Die derzeitige Diskussion und der derzeitige Sachstand zur Zwangsbehandlung

Inzwischen hat sich in der Rechtsprechung allgemein durchgesetzt, dass die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 23.03.2011 (NJW 2011, 2113ff.) sowie vom 12.10.2011 (NJW 2011, 3571ff.) allgemein für alle gesetzlichen Regelungen über Zwangsbehandlungen Bedeutung haben und Zwangsbehandlungsgesetze generell den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen genügen müssen xlvii.

Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes sind auch in der Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur allgemein als verbindlich für alle Regelwerke betreffend Zwangsmaßnahmen bei der Gabe von Neuroleptika angenommen worden.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in einer weiteren Entscheidung zur Zwangsbehandlung eines auf der Grundlage des Sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) vom 10. Oktober 2007 eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zunächst mit dem tragenden Argument abgelehnt, dass mit der Leitsatzentscheidung BVerfG NJW 2011, 2113 ff. die wesentlichen Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung geklärt seien und von den Fachgerichten zu erwarten stehe, dass sie diese bei künftigen Entscheidungen, die die Zwangsbehandlung von Untergebrachten betreffen, von Amts wegen im Auge behalten und entsprechend verfahren. xlviii In einer Entscheidung vom 20. Februar 2013 xlix hat das Bundesverfassungsgericht dann aber auch eine Novellierung des § 22 Abs. 1 S. 1 des sächsischen PsychKG für verfassungswidrig und als gesetzliche Grundlage nicht geeignet erklärt, weil das Gericht das gesetzliche Erfordernis der Zustimmung des Betroffenen oder seines gesetzlichen Vertreters nicht hinreichend konkretisiert sah l. Für den Betreuer, so das Bundesverfassungsgericht, folge aus der gesetzlichen Vertretungsmacht "nicht zugleich die Befugnis, einen entgegenstehenden Willen des Betreuten durch Zwang zu überwinden" und eine "Zwangsbehandlung seitens Dritter durch Einwilligung zu legitimieren".

In Konsequenz der verfassungsrechtlichen Vorgaben hatte das Landgericht Potsdam li in Anlehnung an die Entscheidung des Verfassungsgerichtes bereits im Januar 2013 entschieden, dass § 40 Abs. 3 des BbgPsychKG nicht als Rechtsgrundlage für eine Zwangsmedikation auf Grundlage der dortigen landesgesetzlichen Regelung herangezogen werden kann.

In der öffentlichen Meinung wie auch in der Literatur wurden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zur Zwangsbehandlung kontrovers diskutiert.

Das Präsidium des Deutschen Richterbundes hatte sich dafür ausgesprochen, eine klare gesetzliche Grundlage für die medikamentöse Zwangsbehandlung von betreuten psychisch Kranken zu schaffen.

Mit Schreiben an das Bundesjustizministerium und an den Rechtsausschuss des Bundestages wies der Richterbund auf den dringenden Handlungsbedarf aus Sicht des Verbandes hin lii.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) erkennt die im Zuge der beiden Entscheidungen des Verfassungsgerichtes erfolgte Stärkung des Patientenwillens und der Patientenautonomie an. Die DGPPN ordnet ein solches unbeschränktes Selbstbestimmungsrecht allerdings ausschließlich Patienten mit Patientenverfügung bzw. Vorsorgevollmacht zu, die es erklärtermaßen zu respektieren gelte liii.

Die beiden einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes aber auch die sich anschließende Rechtsprechung des BGH würden dem Interesse psychiatrischer Patienten wie der Helfenden in der Psychiatrie nicht gerecht. Bei ärztlichen Entscheidungen im Dilemma zwischen einer als Körperverletzung gewerteten Zwangsbehandlung und unterlassener Hilfeleistung fehle die Rechtssicherheit. liv.

Folge sei, dass anstelle gut bewährter medikamentöser Therapie im Zuge von Unterbringungen mechanische Sicherungsmaßnahmen, etwa mittels Fixierung, erfolgen müssten. Beschäftigte und Mitpatienten seien in psychiatrischen Kliniken "unzumutbaren Risiken" ausgesetzt. Die mit schweren psychischen Erkrankungen einhergehenden Lasten würden vermehrt auf die Betroffenen selbst und ihre Familien zurückfallen. In Deutschland bestehe gegenwärtig die Gefahr, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen von der Möglichkeit zur Wiedererlangung ihrer Selbstbestimmungsfähigkeit und der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen bleiben lv.

Die DGPPN begrüßt entsprechend die erfolgte Änderung der derzeitigen Situation durch Novellierung vornehmlich des § 1906 BGB, da sie die gegenwärtig bestehende erhebliche Rechtsunsicherheit aller Beteiligten zum Nachteil der betroffenen Patienten und deren Angehörigen beende lvi.

Befürworter einer Novellierung sehen den Charakter der Zwangsbehandlung als "ultima ratio", "da nach Berichten aus der Praxis in den meisten Fällen bereits die Unterbringung dazu führe, dass der Patient die Behandlung akzeptiere". Die Verhältnismäßigkeit könne durch verfahrensrechtliche Vorgaben (Verfahrenspfleger, externe Sachverständige etc.) gewährleistet werden.

Gesehen wird aber auch hier die generelle Gefahr, "dass die Zwangsbehandlung außerhalb der Unterbringung nicht die ´ultima ratio´ ist, die sie von Verfassungs wegen sein müsse lvii. Es wurde die verfassungsrechtlich aufgegebene Zäsur seitens der DGPPN aber auch positiv erlebt. Der frühere Präsident der DGPPN konstatiert dann auch summarisch: "Wir mussten uns mehr anstrengen - und das war gut so" lviii.

Die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonven-tion, die in Berlin am Deutschen Institut für Menschenrechte angesiedelt ist, sieht die Wiedereinführung von Regelungen zur Zwangsbehandlung nach wie vor kritisch. Die Monitoring-Stelle bezweifelte, "ob der Entwurf im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention steht" lix. Es sei "eine historische Chance verpasst worden, aus den Erfahrungen einer Psychiatrie ohne Zwang zu lernen und das System der psychiatrischen Versorgung weiterzuentwickeln" lx.

In einer Stellungnahme der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention im Deutschen Institut für Menschenrechte zur öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages vom Dezember 2012 wird hervorgehoben, das Konzept der "krankheitsbedingten Nichteinsichtsfähigkeit" finde im Wortlaut der UN-Behinderten-rechtskonventionen selbst keinen Halt.

Weder der Wortlaut des Artikels 12 UN-BRK über die gleiche rechtliche Handlungsfähigkeit noch die Auslegungspraxis des UN-BRK-Ausschusses lasse derzeit den Schluss zu, dass die rechtliche Handlungsfähigkeit auf Grund einer Behinderung eingeschränkt werden dürfe. Im Rahmen der internationalen Verhandlungen zur Schaffung der UN-BRK habe man sich bewusst dagegen entschieden, ein entsprechendes Kriterium zur Einschränkung beziehungsweise zur Bestimmung der Einschränkbarkeit aufzunehmen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention gehe davon aus, dass alle Menschen mit Behinderungen "Rechts- und Handlungsfähigkeit" genießen (Artikel 12 Absatz 2 UN-BRK). In Verbindung mit dem Recht auf Gesundheit (Artikel 25 UN-BRK) bedeute dies das Recht, in Fragen individueller gesundheitlicher Angelegenheiten in allen Fällen eine "freie und informierte Entscheidung" über die eigenen gesundheitlichen Belange treffen zu dürfen - insbesondere darüber, ob und wenn ja, welche Therapie angewendet wird.

Die im deutschen Verfassungsrecht anerkannte Figur der "Freiheit zur Krankheit" sei genau in diesem Kontext zu verorten; die menschenrechtlichen Regelungen gehen wohl darüber hinaus.

In Anbetracht des Interpretationsansatzes durch den UN-BRK-Ausschuss werde die Anwendung von Zwang im Zusammenhang mit der Behandlung von Menschen mit Behinderungen "immer ein Legitimationsproblem haben".

Die zwangsweise Unterbringung und zwangsweise Behandlung von Menschen mit Behinderungen stelle eine Reihe von menschenrechtlich verbrieften Rechtsgewährleistungen in Frage.

Insbesondere wenn Menschen auf Grund ihrer Behinderung oder in der Kombination mit einem behinderungsrelevanten Merkmal eine stärkere Einschränkung ihrer Rechte zugemutet werde, als Nichtbehinderten, lasse dies eine Ungleichbehandlung erkennen, die nach Maßgabe des Diskriminierungsverbots (Artikel 5 UN-BRK) schwerlich zu rechtfertigen sei.

Darüber hinaus sei die Einschätzung einer Nichteinsichtsfähigkeit in eine Behandlung fachlich hochgradig instabil, weil handhabbare Kriterien bislang nicht zu finden seien, zwischen Einsichtsfähigkeit und Nichteinsichtsfähigkeit zu unterscheiden. Die Unsicherheiten und Grauzonen könnten in Sinne einer einheitlichen Praxis keinesfalls ausgeschlossen werden - sie sei vielmehr nicht zu gewährleisten.

Nach Artikel 12 UN-BRK bestehe aber die Verpflichtung, die Unterstützung ("support") für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten, sie in die Situation zu bringen, selbst frei und informiert zu entscheiden - die unterstützende Entscheidungsfindung ("supported decision-making"). Diese anspruchsvolle Form der Unterstützung im Sinne von Assistenz dürfe weder über die gesetzliche Vertretung, noch über eine zwangsweise durchgesetzte Entscheidung, die Dritte für eine betroffene Person getroffen haben, ersetzt werden lxi.

Die Monitoring-Stelle empfiehlt entsprechend, von Zwangsbehandlungsgesetzen abzusehen und mittels einer parlamentarischen Enquete-Kommission Maßnahmen für die notwendige menschenrechtsbasierte Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung in Deutschland vorzubereiten.

Der Sonderberichterstatter über Folter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Juan E. Méndez, erklärte in der 22. Sitzung des "Human Rights Council" am 4. März 2013 Zwangsbehandlung in der Psychiatrie zu grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung bzw. Folter. Er forderte, dass alle Staaten ein Verbot aller medizinischen nicht einvernehmlichen bzw. Zwangsbehandlungen verhängen sollten, einschließlich nicht-einvernehmlicher Psychochirurgie, Elektroschocks und Verabreichung bewusstseinsverändernder Drogen, sowohl in lang- wie kurzfristiger Anwendung. Die Verpflichtung, erzwungene psychiatrische Behandlung zu beenden, sei sofort zu verwirklichen und auch knappe finanzielle Ressourcen könnten keinen Aufschub der Umsetzung rechtfertigen.lxii

Auch ansonsten erfahren geplante Novellierungen der Zwangsbehandlungsgesetze erhebliche Kritik. Die Kriterien seien "bevormundend und paternalistisch" und "ignorierten das Selbstbestimmungsrecht", sie "entwürdigten den Patienten zum Objekt". Genau das habe noch das Patientenverfügungsgesetz verhindern wollen - und zwar nicht nur für Komapatienten und Demenzkranke, sondern für die gesamte Gruppe der "Einsichtsunfähigen", so der frühere Bundesrichter Wolfgang Nešković. Wenn der Patient seinen Willen aktuell aber nicht klar äußern könne, müsse "auf dessen ausdrückliche Verfügung oder seinen mutmaßlichen Willen zurückgegriffen" werden lxiii.

Die Kritik an geplanten Novellierungen stützt sich auf Verfassungsrecht, das auch für den Einwilligungsunfähigen gelten solle. Das Bundesverfassungsgericht habe Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG menschenrechtlich zutreffend als Aktivrecht jeder Person ausgelegt: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit." Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG laute konsequent: "Die Freiheit der Person ist unverletzlich." Das bedeute, jeder erfahre sich als Person, indem er über sich, das eigene Leben und die eigene Unversehrheit zu allererst ihres/seines Körpers selbst entscheidet. Darum habe das Verfassungsgericht zutreffend formuliert, es sei unzulässig, stellvertretend, und sei es als Psychiater aus gesundheitlichen oder anderen Gründen der Rehabilitation, eine Person zwangsweise zu behandeln. Die Selbstbestimmung des Menschen schließe alle kranken oder gesunden Befindlichkeiten ein.

Indem das Bundesverfassungsgericht über die historisch herkömmliche Begrenzung des Kerns der Menschenrechte als Abwehrrechte hinausgehe, folge es der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen von 2006. Sie sei auf Vorschlag der Bundesregierung im Dezember 2008 vom Deutschen Bundestag als Gesetz übernommen worden. Die Behindertenrechtskonvention gehe sogar folgerichtig im Sinne der Wirklichkeit des Menschen und seiner sozialen Bedingungen darüber hinaus und verlange, dass die sozialen, technischen und wissenschaftlichen Bedingungen zu schaffen seien, Behinderungen zu überwinden oder zu relativieren. Damit die Behindertenrechtskonvention nicht nur "deklamatorischen Lärm" mache. Die Behinderten würden ansonsten um ihre Grund- und Menschenrechte gebracht, obwohl sie nominell gelten. lxiv. Die "Freiheit zur Krankheit", als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der allgemeinen Handlungsfreiheit werde durch die Entscheidungen der Gerichte bekräftigt.

Der Staat müsse es von jeher hinnehmen, schreibt Rinke 1988 in der Neuen Zeitschrift für Strafrecht, wenn der Bürger fürsorgerische Leistungen eigenverantwortlich ablehne lxv.

Zudem habe die Entscheidung wesentlich zu einer Rechtsklarheit beigetragen: Das Verfassungsgericht sieht keine dem Fürsorgegedanken des Staates aus Art. 20 Abs. 3 GG entspringende Verpflichtung des Staates zu entsprechender Fürsorge.

Der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener hatte schon frühzeitig gewarnt, dass die psychiatrische Behandlung mit Neuroleptika lebensverkürzende Risiken in sich berge, die weitgehend verharmlost werden lxvi.

Nur in etwa zehn Prozent der Fälle, in denen Zwang angewendet worden sei, sei er - nach Auffassung der daran Beteiligten - erforderlich gewesen. Regelmäßig liege bei einer Zwangsbehandlung keine Gefährdung des Patienten vor, sondern die Umwelt sei von den betroffenen Patienten "genervt", etwa weil die Betroffenen den Fernseher nachts laut aufdrehen oder sich sonst sozial inadäquat verhalten.

Die Differenzierung zwischen "einsichtigen" bzw. "uneinsichtigen" Menschen diene dem Ziel, ein Mittel in die Hand zu bekommen, mit dem sich bei Bedarf entrechten und Zwangsbehandlung legitimieren lasse. Die Psychiatrie handle hier gegen den Willen der ohnehin Entrechteten lxvii und Stigmatisierten.

Die Stellungnahme der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention im Deutschen Institut für Menschenrechte anlässlich der Öffentlichen Anhörung vom 10. Dezember 2012, im Rahmen der 105. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages verweist neben den hohen verfassungsrechtlichen Hürden auf beachtliche ethische Bedenken gegen Zwangsbehandlung auch einwilligungsunfähiger Patienten. Diese Bedenken werden durch den Bericht des Sonderberichterstatters über Folter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Juan E. Méndez, verstärkt.

 

6. Die geplante Novellierung des § 8 UBG Baden-Württemberg im Vergleich

Die Neufassung von § 8 UBG soll unter strengen Voraussetzungen eine Zwangsmedikation von Personen rechtfertigen, die nach dem Unterbringungsgesetz untergebracht sind.

Bei der zu behandelnden Person müsste als Grundvoraussetzung der Zwangsbehandlung nach § 8 UBG BW krankheitsbedingt die Fähigkeit zur Einsicht in die Krankheit und deren Behandlungsbedürftigkeit fehlen. Zusätzlich muss die Behandlung dazu dienen, eine Gefahr für die Person abzuwenden oder der Person ein möglichst selbstbestimmtes Leben in Freiheit zu ermöglichen. Fehlt die Einwilligungsfähigkeit nicht, ist alleine der Patientenwille maßgeblich. Insoweit sind die Gesetzesvorhaben wesentlich inhaltsgleich mit § 14a PsychKG Schleswig-Holstein, § 8a MVollzG Niedersachsen und § 11 HUBG.

Lediglich in gesetzlich normierten Ausnahmefällen - so die Motive des Gesetzgebers - soll die Zwangsbehandlung auch dann möglich sein, wenn von der betroffenen Person eine Gefahr für Dritte ausgehe.

Wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert sei die Kontrolle des Eingriffs durch Einschaltung einer neutralen Instanz vor Durchführung der Maßnahme gewährleistet. Dies werde durch die Einführung eines Richtervorbehalts sichergestellt.

Liegt eine wirksame Patientenverfügung vor, geht diese vor. Etwas anderes gilt nur in Fällen der Drittgefährdung.


a. Keine Zwangsbehandlung ohne Einwilligung des einwilligungsfähigen Patienten, § 8 Abs. 2 UBG

Die Zwangsmedikation mit Neuroleptika wird durch den Neuentwurf des § 8 Abs. 2 UBG, dies hat die geplanten Neuregelung mit sämtlichen sonstigen Neuregelungen aller Gesetzgebungsvorhaben der Länder gemeinsam (vgl. 14 a Abs. 1 UBG Schleswig-Holstein, 11 Abs. 3 HUBG), als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten anerkannt und von der Einwilligung eines öffentlich-rechtlich untergebrachten einsichtsfähigen Patienten abhängig gemacht.

Es gibt keine Duldungspflichten der Zwangsbehandlung mehr. Grundsätzlich sollen alle Eingriffe einer voraus erklärten Einwilligung des Patienten unterliegen. Zudem wird die Behandlung mit Neuroleptika von einer vorausgegangenen umfassenden Aufklärung des Patienten abhängig gemacht.

Der Patient hat damit künftig das Recht, über das "ob" und "wie" seiner Behandlung nach entsprechender Aufklärung durch seine Einwilligung zu entscheiden lxviii sofern er zu einer Einwilligung in der Lage ist.

Dies entspricht dem Selbstbestimmungsrecht, wie es an sich im Zuge einer medizinischen Behandlung jenseits psychiatrischer Behandlung üblich ist.

b. Zwangsbehandlung, wenn der untergebrachte Patient nicht einwilligungsfähig ist oder konkrete Gefahr für Leib und Leben des untergebrachten Patienten droht

Lediglich, dann, wenn und soweit mangelnde Einsichtsfähigkeit bzw. mangelnden Einwilligungsfähigkeit des Patienten vorliegt, soll die geplante Regelung des § 8 Abs. 3 Ziffern 1, 2 1. Halbsatz UBG BW - Zwangsbehandlung bei mangelnder Einsichtsfähigkeit - zum Tragen kommen.

Auch hier sind die weiteren Regelungen der einzelnen Bundesländer im wesentlichen inhaltsgleich, § 14a Abs. 2 Ziffer 1 PsychKG SH, 5a Abs. 2 Ziffer 1 MVollzG SH; § 11 Abs. 3 HUBG.

Bestimmte Formen von Zwangsbehandlungen von nicht einwilligungsfähigen, psychisch kranken Patienten sollten nach der Novelle des § 8 Abs. 3 Ziffer 1 UBG BW zulässig sein und als Eingriffsnorm in eine solche Zwangsbehandlung dienen.

Gleiches soll nach § 8 Abs. 3 Ziffer 2 UBG gelten, wenn und soweit eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person drohe oder aber Lebensgefahr abzuwenden sei.

Zur Begründung wird ausgeführt, auch der Schutz Dritter vor Delinquenz, die ein untergebrachter Patient "mit paranoiden Zustandsbildern" im Fall seiner unbehandelten Entlassung begehen könnte, sei Rechtfertigung für eine Zwangsbehandlung lxix. Die beabsichtigte Neuregelung betreffe damit alle Menschen in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Zum Drittschutz, so die Gesetzesbegründung "besteht eine Behandlungsmöglichkeit auch bei Vorliegen von Einwilligungsfähigkeit der untergebrachten Person. ln diesem Fall gehe es "nicht um widerstreitende Interessen der Patientin oder des Patienten" (Selbstbestimmungsrecht und Recht auf körperliche Integrität), sondern "um Interessen Dritter".

Problematisch ist bereits die Definition und die Feststellung der "Einwilligungsunfähigkeit".

Die Differenzierung zwischen einem einwilligungsfähigen und einem nicht einwilligungsfähigen Patienten begegnet grundsätzlichen Bedenken schon deswegen, weil kein Grund ersichtlich ist, der es rechtfertigen soll, dass ein einwilligungsunfähiger Patient, der seinen Willen kundtun kann, anders behandelt wird als der, dem eine Einwilligungsfähigkeit zuerkannt wird.
Die Regelung zielt auch nach den Feststellungen des Deutschen Institutes für Menschenrechte darauf ab, sich über das Kriterium der Einwilligungsunfähigkeit "über den natürlichen Willen der betroffenen Person hinwegsetzen zu können und an die Stelle der persönlichen Entscheidung die Entscheidung Dritter zu setzen - eine so genannte ersetzende Entscheidungsfindung ("substituted decision-making")".

Ergänzend wird dort ausgeführt: "Im Lichte der aktuellen menschenrechtlichen Diskussion, wie sie auch in Studien des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (UN Doc. A/HRC/10/48 vom 26. Januar 2009) und in der Auslegungspraxis des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Zusammenhang der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit Behinderungen Ausdruck findet, ist der Ansatz, wonach eine psychiatrische Behandlung ohne freie und informierte Zustimmung der betroffenen Person, allein legitimiert über die Entscheidung Dritter vorgenommen werden soll", menschenrechtlich in Frage zu stellen lxx.

Das Bundesverfassungsgericht hat zur Frage der Einwilligungsfähigkeit ausgeführt:

"In Deutschland existieren, nachdem von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in den neunziger Jahren initiierte Versuche zur Etablierung medizinischer Standards für Zwangsbehandlungen nicht zu einem Ergebnis geführt haben (vgl. Steinert, in: Ketelsen/Schulz/Zechert, Seelische Krise und Aggressivität, 2004, S. 44 <47>), keine medizinischen Standards für psychiatrische Zwangsbehandlungen, aus denen mit der notwendigen Deutlichkeit hervorginge, dass Zwangsbehandlungen mit dem Ziel, den Untergebrachten entlassungsfähig zu machen, ausschließlich im Fall krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit zulässig sind. Dass dementsprechend ein Bewusstsein hierfür in den medizinischen und juristischen Fachkreisen noch nicht allgemein verbreitet und eine gesetzliche Regelung, wie im Beschluss des Senats vom 23. März 2011 festgestellt, unverzichtbar ist, illustriert nicht zuletzt der vorliegende Fall, in dem weder die Klinik noch die Fachgerichte sich mit der Frage, ob beim Beschwerdeführer eine krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Einsicht in die Notwendigkeit der Behandlung besteht, auch nur ansatzweise auseinandergesetzt haben. Die bloße Feststellung einer Persönlichkeitsstörung beantwortet diese Frage nicht." lxxi

Der Begriff der Einwilligungsunfähigkeit im UBG des Landes Baden-Württemberg wie auch in allen anderen Regelungswerken der Länder zur geplanten Zwangsbehandlung ist folglich schon deshalb problematisch, weil er in Ermangelung von Standards, als unbestimmter Rechtsbegriff gelten muss und als solcher wegen der Eingriffsintensität den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes ebenso wenig genügen wird wie in der Vorentscheidung der Begriff der "Regeln der ärztlichen Kunst" lxxii.

Erst jüngst hat das Bundesverfassungsgericht zu § 22 SächsPsychKG in einem weiteren Nichtigkeitsbeschluss vom Februar 2013 zu entsprechenden Regelungswerken der Länder ausgeführt:

"Dass § 22 Abs. 1 Satz 1 SächsPsychKG auf die Regeln der ärztlichen Kunst verweist, ändert daran nichts. Unabhängig von der Frage, ob dieser Verweis überhaupt hinreichend deutlich eine umfassende Bindung an die Regeln der ärztlichen Kunst statuiert, liegt in einer solchen Bindung keine hinreichend deutliche gesetzliche Begrenzung der Möglichkeit der Zwangsbehandlung auf Fälle der fehlenden Einsichtsfähigkeit." lxxiii

Ohne die Schaffung von Grundvoraussetzungen und Standards wie auch von der Monitoringstelle gefordert, besteht demzufolge konkrete Gefahr einer Subjektivierung dieses Begriffes der Einwilligungsunfähigkeit je nach Gutdünken des jeweiligen Arztes oder Gutachters.

So führt auch die DGPPN aus:

"Als wenig praxisgerecht erscheint dagegen die Forderung, dass unbeteiligte Sachverständige, die nicht in die Behandlung einbezogen und nicht in der behandelnden Klinik tätig sind, in dem rechtlichen Verfahren gutachterlich tätig werden sollen. (.) Erschwerend kommt der Mangel an kompetenten, externen Gutachtern dazu." (Hervorh. d. d. Autoren)lxxiv. Damit wird zu Recht die Gutachterkompetenz bei der Einschätzung einer Einwilligungsunfähigkeit, die immerhin über das "ob und wie" eines erheblichen Eingriffes entscheidet, in Frage gestellt.

Der Begriff der Einwilligungsunfähigkeit ist ein unbestimmter und definitionsbedürftiger Rechtsbegriff, der zur Begründung einer Zwangsbehandlung ohne hinreichende, bislang nicht gegebenen Standards nicht ausreichen wird, einen Grundrechtseingriff wie den der Zwangsbehandlung zu rechtfertigen.

Die Einschätzung einer Nichteinsichtsfähigkeit in eine Behandlung ist demnach fachlich hochgradig instabil, weil handhabbare Kriterien bislang nicht zu finden sind, zwischen Einsichtsfähigkeit und Nichteinsichtsfähigkeit zu unterscheiden.

c. Die Ultima-Ratio- Funktion der Zwangsbehandlung und deren Verhältnismäßigkeit

Das BVerfG hat zwar einem »fürsorglichen Paternalismus« eine Absage erteilt, räumt aber trotzdem der Zwangsbehandlung in einer konkreten Abwägung der Interessen eine Ultima-Ratio-Funktion ein lxxv.

Die Kriterien mögen in § 8 UBG n.F. in Baden-Württemberg ebenso wie in den insoweit im Wesentlichen inhaltsgleichen § 14a PsychKG SH, § 5a MVollzG SH; § 11 HUBG soweit erfüllt sein, als konstatiert wird, dass eine weniger eingreifende Behandlung aussichtslos sein müsse sowie ohne Rücksicht auf die Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen der ernsthafte Versuch vorausgegangen sein müsse, seine auf Vertrauen basierende Zustimmung zu erreichen.

Bereits die weitere Voraussetzung einer Abwägung zugunsten der Behandlungsoption, dass "ein deutlich feststellbares Überwiegen des Nutzens" der Behandlung prognostiziert werden könne, woran es regelmäßig fehle, "wenn die Behandlung mit mehr als einem vernachlässigbaren Restrisiko irreversibler Gesundheitsschäden verbunden ist", ist allerdings nur im Zuge einer allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprüfung in den landesrechtlichen Vorschriften wie auch in § 8 UBG BW normiert. lxxvi

Die "tatsächliche oder vorgebliche Zielrichtung der Zwangsbehandlung, die "Heilung" oder "Besserung" des Betroffenen", lässt aber "den Eingriffscharakter nicht entfallen." Im Gegenteil kann nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts eine zwangsweise "Heilung" von Psychiatriepatienten, die dem "Geschehen hilflos und ohnmächtig ausgeliefert" sind und die eine "Zwangsinvasion" "besonders intensiv empfinden" die Stärke des Eingriffs sogar noch erhöhen. Dies gelte besonders im Hinblick auf die im Rahmen der Zwangsbehandlung verabreichten Medikamente, namentlich Psychopharmaka, die teils lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben können und "auf die Veränderung seelischer Abläufe gerichtet" sind lxxvii.

Ärztliche Behandlung ist, so man den Leitsatzentscheidungen des BGH folgt, als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich nur mit Einwilligung des Patienten zulässig; auch ein medizinisch indizierter, den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend durchgeführter Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten ist rechtswidrig und erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung, es sei denn, eine wirksame Einwilligung des Patienten liegt vor.

Dies muss besonders im Hinblick auf die im Rahmen der Zwangsbehandlung verabreichten umstrittenen Medikamente, namentlich Psychopharmaka, gelten, die teils lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben können lxxviii. Ihre Verabreichung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen berührt nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung unabhängig davon, ob sie mit körperlichem Zwang durchgesetzt wird, "in besonderem Maße den Kern der Persönlichkeit" lxxix.

§ 8 UBG n.F. nimmt hier gerade nicht explizit auf das Verbot einer Zwangsbehandlung, wenn diese "mehr als mit einem vernachlässigbarem Restrisiko irreversibler Gesundheitsschäden verbunden ist"lxxx, Bezug.

Lediglich § 14a Absatz 3 PsychKG Schleswig-Holstein und § 5a MVollzG Schleswig-Holstein enthalten eine gesetzlich verankertes Entscheidungskriterium der Verfassungsgerichtsrechtsprechung, wonach eine mit einem mehr als vernachlässigbaren Restrisiko irreversibler Gesundheitsschäden verbundene Behandlung in der Regel dem mutmaßlichen Willen des Untergebrachten widerspricht.

Dabei ist durch das Verfassungsgericht anerkannt, dass bei der Medikamentierung mit Psychopharmaka, die "auf die Veränderung seelischer Abläufe gerichtet" sind, stets ein Risiko erheblicher Gesundheitsschäden durch Nebenwirkungen lxxxi besteht. Dieser Umstand erscheint nicht nur in Schleswig-Holstein zur Hervorhebung des "ultima-ratio"-Charakters der Zwangsbehandlung unumgänglich.


d. Die geplante Regelung des § 8 Abs. 3 Ziffer 2 2.Halbsatz UBG - Zwangsbehandlung bei Drittgefährdung

Die Neuregelung des § 8 UBG enthält in dessen Absatz 3 Ziffer 2, 2. Halbsatz eine Regelung zur Zwangsbehandlung bei Drittgefährdung.

Ähnliche Regelungen enthalten §§ 11 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 3 HUBG, § 7a Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 3 MVollzG Hessen und § 8 c MVollzG Niedersachsen.

Auf Selbstgefährdungstatbestände ohne Bezug auf Rechtsgüter Dritter hin sind lediglich § 14a Abs. 5 PsychKG Schleswig-Holstein und § 5a Abs. 5 MVollzG Schleswig-Holstein formuliert.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 23.03.2012 ausgeführt:

"Als rechtfertigender Belang kommt insoweit allerdings nicht der gebotene Schutz Dritter vor den Straftaten in Betracht, die der Untergebrachte im Fall seiner Entlassung begehen könnte. Dieser Schutz kann auch dadurch gewährleistet werden, dass der Untergebrachte unbehandelt im Maßregelvollzug verbleibt. Er rechtfertigt daher keinen Behandlungszwang gegenüber einem Untergebrachten, denn dessen Weigerung, sich behandeln zu lassen, ist nicht der Sicherheit der Allgemeinheit vor schweren Straftaten, sondern seiner Entlassungsperspektive abträglich".

Zwar nimmt die Entscheidung nur auf freiheitsentziehende Maßnahmen des Maßregelvollzuges Bezug, aufgrund des gleichen Normzweckes einer möglichen Eingriffsnorm und einer gleichen Interessenlage (Freiheitsentzug bei Drittgefährdung) ist die Bezugnahme auf Fremdgefährung bei der Legitimation von Zwangsbehandlung aber nach dem eindeutigen Wortlaut der verfassungsrechtlichen Entscheidung vom März 2011 unzweifelhaft abzulehnen. Auch hier gilt, dass der Patient mit der Behandlungsverweigerung seine Entlassung möglicherweise verzögert, effektiver Schutz aber gleichwohl gewährleistet ist.

Zwangseingriffe in Körper und Geist zählen zu den intensivsten Grundrechtseingriffen und sind seit jeher verfassungsrechtlich und rechtspolitisch umstritten. Dies gilt erst recht, wenn der Betroffene öffentlich-rechtlich untergebracht ist.

Soweit ausnahmsweise eine Befugnis des Staates, den Einzelnen "vor sich selbst in Schutz zu nehmen", anzuerkennen ist, eröffnet dies keine "Vernunfthoheit" staatlicher Organe über den Grundrechtsträger dergestalt, dass dessen Wille beispielsweise auch zur Inanspruchnahme von Alternativmedizin allein deshalb beiseitegelegt werden darf, weil von durchschnittlichen Präferenzen abgewichen wird und insoweit sein Wille unvernünftig erscheint.

Als rechtfertigender Belang für Zwangsbehandlung kommt nicht der Schutz Dritter in Betracht. Dieser Schutz kann auch dadurch gewährleistet werden, dass der Untergebrachte unbehandelt geschlossen untergebracht verbleibt. Er rechtfertigt daher keinen Behandlungszwang gegenüber einem Untergebrachten. Dessen Weigerung, sich behandeln zu lassen, ist nicht der Sicherheit der Allgemeinheit vor schweren Straftaten, sondern seiner Entlassungsperspektive abträglich.

Die entsprechenden Regelungen dürften von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes nicht gedeckt sein.


e. Die Aufklärungs- und Dokumentationspflichten der Zwangsbehandlung und die Verhältnismäßigkeit

Nach den verfassungsrechtlichen Postulaten lxxxii besteht Dokmentationspflicht hinsichtlich des vorangegangenen Gespräches, der Kennzeichnung des Zwangscharakters der Zwangsmaßnahme und ihrer möglichen Folgen, der Durchsetzungsweise der Zwangsmedikation, der Benennung maßgeblicher Gründe der Maßnahme und der Wirkungsüberwachung. Diesen Anforderungen muss die beabsichtigte Maßnahme genügen.

Sämtliche Gesetzesvorhaben der Länder entsprechen diesen Formalien als Postulate des Bundesverfassungsgerichtes.


f. Regelung zur Patientenverfügung - Fehlende Regelungen zur Vorsorgevollmacht

Die Regelungen zur Patientenverfügung sämtlicher Gesetzesvorhaben der Länder tragen dem Selbstbestimmungsrecht Rechnung. Durch § 8 Abs. 6 UBG BW, § 14a Abs. 2 Ziffer 5 PsychKG Schleswig-Holstein, § 5a Abs. 2 Ziffer 5 MVollzG Schleswig-Holstein, § 11 Abs. 6 HUBG, § 7a Abs. 7 MVollzG Hessen, § 8b Abs. 2 MVollzG Niedersachsen soll klargestellt werden, dass für eine Behandlung in erster Linie der tatsächliche Wille der untergebrachten Person entscheidend ist. Voraussetzung ist das Vorliegen einer wirksamen Patientenverfügung.

Die Regelungen erfolgen in Beachtung des aus § 1901a Abs. 1 Satz 1 BGB resultierenden Selbstbestimmungsrechtes eines Patienten bei Errichtung einer Patientenverfügung. Das Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde des Patienten (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) gebieten es, jedem Patienten gegenüber einem Arzt und Krankenhaus grundsätzlich einen Anspruch auf Ablehnung von Diagnosestellungen und ärztlichen Behandlungen einzuräumen. Dem Willens des Patienten ist aber unbedingt Vorrang zu gewähren. Er ist nicht auf Behandlungssituationen ohne Gefahr in Verzug wie in § 11 Abs. 6 HUBG, § 7a Abs. 7 MVollzG Hessen zu beschränken. Dies würde sonst nicht den Vorgaben des Verfassungsgerichtes entsprechen, die ein generelles Zwangsbehandlungsverbot bei Einwilligungsfähigkeit bzw. antezipierter Willensbekundung im Zustand der Einwilligungsfähigkeit bedeuten.

Dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen, wie er mit der Neuschaffung des § 1901a Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck kommt, werden die landesgesetzlichen Vorhaben ansonsten gerecht.

Es wird im Regelungswerk aber insgesamt die Option einer Vorsorgevollmacht auch hinsichtlich Inhalt und Tragweite ausgeblendet. Etwaige Einwilligungen nehmen allenfalls auf den "gesetzlichen Vertreter" und damit auf den Betreuer eines Patienten Bezug.

Eine rechtliche Betreuung kann durch eine Vorsorgevollmacht institutionell ersetzt werden. Dies wird in den Gesetzesvorhaben häufig nicht mit der gebotenen Deutlichkeit hervorgehoben.


7. Die geplante Novellierung der §§ 3, 8 ff. Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz im Vergleich

Die Neufassung der §§ 3, 8 ff. Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz soll unter strengen Voraussetzungen eine Zwangsmedikation im Maßregelvollzug untergebrachter Menschen rechtfertigen. Ähnliche Regelungen enthalten die Vorhaben zur Änderung der Maßregelvollzugsgesetze der Länder Schleswig-Holstein im dortigen § 5a MVollzG und Hessen im dortigen § 7a MVollzG.

Die gesetzlich zu verankernden zusätzlich zu prüfenden materiellen Erfordernisse und die verfahrensrechtlichen Sicherungen bedeuten nach Willen der Landesgesetzgeber, einen Schutz dahingehend, dass eine medikamentöse Zwangsbehandlung tatsächlich nur als letztes Mittel erfolgen könne.

Bei der zu behandelnden Person muss krankheitsbedingt die Fähigkeit zur Einsicht in die Krankheit und deren Behandlungsbedürftigkeit fehlen. Zusätzlich müsse die Behandlung dazu dienen, eine Gefahr für die Person abzuwenden oder der Person ein möglichst selbstbestimmtes Leben in Freiheit zu ermöglichen.


a. § 8 MVollzG Niedersachsen - Behandlungsvorgaben des Gesetzgebers

§ 8 Abs. 1 MVollzG Niedersachsen n.F. normiert anders als andere Landesgesetze (allenfalls noch ansatzweise § 5a Abs. 4 MVollzG SH) das Verbot einer Behandlung, die den Kernbereich der Persönlichkeit verändert, wie nunmehr seit 2011 auch durch das Bundesverfassungsgericht explizit anerkannt lxxxiii.

Die Medikamentierung mit Psychopharmaka ist regelmäßig "auf die Veränderung seelischer Abläufe gerichtet" und impliziert ebenso regelmäßig das Risiko erheblicher Gesundheitsschäden durch Nebenwirkungen.

Bereits hier offenbart sich ein generelles Problem von Maßregelpatienten: "diese werden auch nach erfolgter Behandlung mit Psychopharmaka nicht entlassungsfähig und selbst wenn, oft nicht entlassen". Vielmehr häufen sich die "Fälle lebenslanger Unterbringung" auch bei den behandelten Patienten und auch jene Fälle eines behandlungsbedingten Suizids. "Die Nebenwirkungen der Psychopharmaka bringen oft eine physische Zerstörung, Depressionen und Suizidgedanken mit sich" lxxxiv.

Zudem wird die Behandlung mit Neuroleptika von einer vorausgegangenen umfassenden Aufklärung des Patienten abhängig gemacht. Ziel dieser Aufklärung soll allerdings die Zustimmung des Patienten in die Behandlung sein. § 8 Abs. 2 MVollzG n.F. normiert insoweit ebenso wie § 5a Abs. 2 Ziffer 5-7 MVollzG SH, §7a Abs. 2 Ziff. 2 MVollzG Hessen, die gesetzliche Berufspflicht des Arztes zur Aufklärung über Notwendigkeit, Art, Dauer, Risiken und Umfang der Behandlung in angemessener Weise. Hintergrund sind Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes, wonach auch dann ein ernsthaftes Aufklärungsgespräch mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck zu führen ist, wenn der Untergebrachte zwar gesprächsfähig ist, aber Inhalt und Bedeutung der Aufklärung intellektuell nicht erfassen könne lxxxv. Durchgehend wird hier auch vom Bundesverfassungsgericht unterstellt, die Ärztinnen und Ärzte seien in der Lage, entsprechend präzise aufzuklären. Die gegebenen Unsicherheiten gerade sorgsamer und penibler Berufsvertreterinnen und - vertreter wird in pauschalen Wohlverhaltensformeln a la "in angemessener Weise", "ersthaft" u. ä. m. verborgen. Das erscheint angesichts der grundrechtlichen Verletzungen, die jeder Zwang mit sich bringt., nicht in einem angemessenen Verhältnis zu stehen. Zwangseingriffe hier, nur im Lichtdunkel vermutete und, wohl gemerkt angesichts des Stands der psychiatrischen Kunst nur vermutbare Heileffekte bzw. ausgeschlossene negative Fortwirkungen dort.

Entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichtes sollte hier konsequenterweise eine Dokumentationspflicht des Arztes auch und gerade zur Aufklärung des Patienten normiert werden. Insoweit ist den Leitsätzen der Entscheidung des Verfassungsgerichtes zu entnehmen, dass es "Zur Sicherung der Effektivität des Rechtsschutzes und der Verhältnismäßigkeit" "geboten ist, gegen den Willen des Untergebrachten ergriffene Behandlungsmaßnahmen eingehend zu dokumentieren" .lxxxvi


b. Keine Zwangsbehandlung ohne Einwilligung des einwilligungsfähigen Patienten, § 8 a MVollzG Niedersachsen, § 5a Abs. 1 MVollzG Schleswig-Holstein, § 7a Abs. 3 MVollzG Hessen

Die Zwangsmedikation mit Neuroleptika wird nunmehr durch den Neuentwurf des § 8 a MVollzG Niedersachsen, § 5a Abs. 1 MVollzG Schleswig-Holstein, § 7a Abs. 3 MVollzG Hessen als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit erkannt und der Einwilligung eines nach § 63 StGB oder § 64 StGB untergebrachten Patienten unterstellt. Es gibt keine Duldungspflichten der Zwangsbehandlung mehr, grundsätzlich sollen alle Eingriffe einer voraus erklärten Einwilligung des Patienten unterliegen.

Entsprechend den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichtes, dass die "medizinische Zwangsbehandlung eines Untergebrachten [...] in schwerwiegender Weise in [das] Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1", d.h. in die körperliche Unversehrtheit, eingreift, kommt eine Behandlung mit Neuroleptika bei einem untergebrachten Patienten gegen dessen Willen nicht mehr in Betracht.

Für die medizinische Behandlung eines Menschen gilt generell, dass der Patient selbst entscheidet, ob er ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt oder aber diese anlehnt, unabhängig davon, ob diese Vorgabe an den Arzt aus medizinischer Sicht vernünftig erscheint oder nicht lxxxvii.

Der Patient hat künftig auch im Maßregelvollzug das Recht, über das "ob" und "wie" seiner Behandlung nach entsprechender Aufklärung durch seine Einwilligung oder Ablehnung bzw. informierte Zustimmung (informed consent) zu entscheiden lxxxviii sofern er zu einer Einwilligung in der Lage ist.


c. Zulässigkeit der Zwangsbehandlung, wenn der untergebrachte Patient nicht einwilligungsfähig ist oder konkrete Gefahr für Leib und Leben des untergebrachten Patienten droht

Bestimmte Formen von Zwangsbehandlungen von nicht einwilligungsfähigen, psychisch kranken Patienten sollten nach der Novelle der Maßregelvollzugsgesetze zulässig sein und als Eingriffsnorm in eine solche Zwangsbehandlung dienen.

Gleiches soll gelten, wenn und soweit eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person, Dritte oder aber Lebensgefahr abgewendet werden soll.

Zur Begründung wird ausgeführt, auch der Schutz Dritter vor Delinquenz sei in akuten Fällen Rechtfertigung für eine Zwangsbehandlung lxxxix. Soweit medizinische Zwangsbehandlung dem Ziel diene, den Untergebrachten entlassungsfähig zu machen, dürfe dessen krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit die Behandlung nicht generell verhindern; ausschlaggebend sei, ob der Untergebrachte bei Bestehen seiner Einwilligungsfähigkeit der Behandlung zugestimmt hätte. Hierfür maßgebliches Auslegungskriterium sei neben dessen natürlichem Willen auch dessen Wunsch nach Freiheit.

Problematisch ist bereits, wie ausgeführt, die Einordnung des Begriffes der Einwilligungsunfähigkeit.

Der Begriff der Einwilligungsunfähigkeit ist bereits deshalb problematisch, weil er in Ermangelung von Standards, als unbestimmter Rechtsbegriff gelten muss und als solcher wegen der Eingriffsintensität den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes ebenso wenig genügen wird wie in der Vorentscheidung der Begriff der "Regeln der ärztlichen Kunst" xc. Ohne die Schaffung von Grundvoraussetzungen und Standards wie auch von der Monitoringstelle gefordert, besteht konkrete Gefahr einer Subjektivierung dieses Begriffes der Einwilligungsunfähigkeit je nach Gutdünken des jeweiligen Arztes oder Gutachters. In Sachen sog. Einwilligungsunfähigkeit sind zwei zusätzliche Problembereiche zu beachten, die erkennen lassen, warum die jeweils behauptete Einwilligungsunfähigkeit nicht als Zugangsklausel zur Zwangsbehandlung dienen kann. Zum einen gibt es eine Reihe außersprachlicher Äußerungen auch sonst möglicherweise dementer Patienten, die erkennen lassen, wie es um den Willen des Patienten steht. Im Zweifelsfalle gälte konsequent, für Zwangsverzicht zu optieren, wenn die Heilbehandlung im Zentrum steht. Im Zusammenhang unterstellter Fremdgefährdung gibt es zum einen Mittel und Wege, ein solche räumlich, zeitlich, durch veränderte Umgangsformen zu vermeiden. Zum anderen ist zu beachten, dass die immer zeitknapper werdende Ökonomie der Zeit, an zahlreichen Fällen im Kontext der Altenpflege und durch Umgangsfehler mitgeschaffener Demenz zu demonstrieren, dazu beiträgt, mangelnde Einsichtsfähigkeit psychisch Behinderter festzustellen. Zeitmangel und andere unzureichende Behandlungsformen werden auf behinderte projiziert und als deren Einsichtsmängel behauptet.

Das dementsprechende Bewusstsein hierfür ist in den medizinischen und juristischen Fachkreisen auch noch gar nicht allgemein verbreitet, zumal sich vor 2011 weder Fachärzte noch Gerichte sich mit der Frage des Vorliegens einer krankheitsbedingten Unfähigkeit "auch nur ansatzweise auseinandergesetzt" xci haben. Die bloße Feststellung einer psychischen Störung jedenfalls wäre kein taugliches Kriterium. Ein psychiatrisches Gutachten ist eine wissenschaftliche Leistung, die darin besteht, aufgrund wissenschaftlich anerkannter Methoden und Kriterien nach feststehenden Regeln der Gewinnung und Interpretation von Daten zu konkreten Fragestellungen Aussagen zu machen xcii. Gibt es keine entsprechenden allgemeingültigen Kriterien und Standards, kann es auch kein hinreichend fundiertes Sachverständigengutachten geben, dass der hohen Bedeutung des Eingriffs in das Grundrecht des Patienten auf Selbstbestimmung genügen und damit als eingriffsrechtfertigend dienen könnte.

Ein Gutachten zur Zwangsbehandlung müsste den Kriterien der Wissenschaftlichkeit entsprechen. Das ist unmöglich, wenn es zur Festlegung der maßgeblichen Anknüpfungstatsachen und Beurteilungskriterien keine verlässlichen und validen medizinischen Standards gibt xciii. Ein Gutachten dürfte sich nur auf solche Untersuchungsmethoden stützen, die allgemein und zweifelsfrei als richtig und zuverlässig anerkannt sind xciv. Lediglich ganzheitlich-intuitive Erkenntnisakte bzw. "Bauchgefühle", auf die in der Praxis viele Gutachten gründen, sind nicht überprüfbar und folglich unzulässig xcv.

Sind die Anknüpfungstatsachen wie Standards noch ungeklärt oder streitig, wird der Gesetzgeber zuerst die zugrundezulegenden Standards und Anknüpfungstatsachen zu ermitteln haben, bevor ein derart weitreichender Grundrechtseingriff lizensiert wird. So hat der BGH entschieden, dass sich ein Sachverständiger ausschließlich methodischer Mittel zu bedienen hat, die dem jeweils aktuell wissenschaftlichen Kenntnisstand gerecht werden xcvi.

Selbst im Bereich der Fahreignungsbegutachtung sind die Einhaltung von Standards auf dem Verordnungswege verbindlich vorgeschrieben, soweit eine medizinisch-psychologische Untersuchung gem. § 11 FeV (Fahrerlaubnisverordnung) angeordnet wird xcvii. Dann müssen bei der Frage einer Zwangsbehandlung in Ermangelung allgemeingültiger medizinischer Standards ungleich höhere Anforderungen an einen Grundrechtseingriff gestellt werden.

Die Maßregelvollzugsgesetze der Länder schaffen in den §§ 5a MVollzG SH, 8b MVollzG Niedersachsen und 7a MVollzG Hessen zwar Eingriffstatbestände für die Zwangsbehandlung vermeintlich Einwilligungsunfähiger. Sie lassen aber Standards und Vorgaben zum Begriff der Einwilligungsfähigkeit bereits im Ansatz missen. Eine solche verbindliche Standardisierung des Begriffes der Einwilligungsunfähigkeit wäre aber Grundvoraussetzung für einen denkbaren derartigen Eingriff in Grundrechte eines betroffenen Patienten: Bereits 1981 hat das Bundesverfassungsgericht xcviii zwischen juristischen Krankheitsbegriffen einerseits und medizinischen Krankheitsbegriffen andererseits differenziert. Selbst eine juristisch kriterienhart gehämmerte Krankheitsdefinition könnte für eine richterliche Entscheidung "nur Ausgangspunkte darstellen". Das Bundesverfassungsgericht hat demgemäß statuiert:

"Wenn auch der zur Entscheidung über die Anordnung einer Freiheitsentziehung berufene Richter die Frage, ob eine Person an einer Geisteskrankheit leidet und welche Auswirkungen und Bedeutung dies hat, regelmäßig nur mit Hilfe eines ärztlichen Sachverständigen beurteilen kann, so ist er doch nicht verpflichtet, die Begriffswelt des Arztes zu übernehmen, die teils weiter, teils aber auch enger sein kann als die juristischen Begriffe, die bei der Gesetzesanwendung allein zugrunde zu legen sind."

Schon die psychiatrischen Vorleistungen in Sachen Krankheit stehen aber letztlich im Ermessen eines behandelnden Arztes. Die in der Psychiatrie verwendeten Krankheitsbegriffe gleichen nicht selten " bloßen Leerformeln"xcix.

"Im Hinblick auf die bereits geschilderten bestehenden Prognoseunsicherheiten" und "methodischen Schwierigkeiten" muss zudem als weitere Voraussetzung der Zwangsbehandlung "ein deutlich feststellbares Überwiegen des Nutzens gefordert" c werden. Das berücksichtigen die Maßregelvollzugsgesetzesinitiativen allerdings nicht. Ein solches Nutzenkalkül dürfte dazuhin nicht primär utilitaristisch erfolgen. Dagegen stehen die in diesem Falle harten grund- und menschenrechtlichen Normen.

Mit einer Zwangsmedikamentierung ist nicht ihrerseits zwingend die Wiedererlangung der Freiheit verbunden. Deshalb wäre eine Zwangsbehandlung schon mangels hinreichender Geeignetheit unverhältnismäßig ci; viele Maßregelpatienten werden auch nach erfolgter Behandlung mit Psychopharmaka nicht entlassungsfähig. Fälle lebenslanger Unterbringung mit dem Charakter einer Sicherungsverwahrung sind nicht selten. Eine Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug kann künftig entsprechend der gesetzgeberischen Wertung nicht erfolgen, wenn und soweit dem Sicherungscharakter einer Maßregel nach § 63 StGB der Vorrang zukommt, zumal für diesen Fall kein erwartbarer Nutzen erkennbar ist und der Maßregelvollzug ohnehin den Charakter einer Sicherungsverwahrung annimmt. cii


d. Die geplante Regelung des § 8 b Abs. 5, 6 und 7 MVollzG Niedersachsen, § 7a Abs. 6 MVollzG Hessen - Zwangsbehandlung nach unabhängiger sachverständiger Beratung bzw. fachaufsichtsrechtlicher Behördenentscheidung

Eine Zwangsbehandlung soll nach dem Gesetzesvorhaben in Niedersachsen nur mit Zustimmung eines vom Fachministerium unter Beteiligung der Ärztekammer berufenen Sachverständigenrates und nach Einholung eines von der unterbringenden Einrichtung unabhängigen Sachverständigengutachtens zweier Sachverständiger, in Hessen gegebenenfalls nach fachaufsichtsrechtlicher Entscheidung zulässig sein.

Deren Aufgabe soll vor allem in Niedersachsen die Prüfung des Vorliegens einer auf den Fall anwendbaren Patientenverfügung sein. Zusätzlich obliegt ihr die Prüfung einer vorausgegangenen ernsthaften und ohne Ausübung von Druck versuchten Einholung der Zustimmung zur Behandlung, die letztlich nicht gegeben wurde.

Zudem soll geprüft werden,

  • ob die Behandlung mit dem Ziel vorgenommen wird, die tatsächlichen Voraussetzungen freier Selbstbestimmung des Untergebrachten zu schaffen oder wiederherzustellen,

  • ob die Behandlung geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen,

  • ob weniger eingreifende Behandlungen aussichtslos wären,

  • ob der Nutzen der Behandlung die mit ihr einhergehenden Belastungen und denmöglichen Schaden bei Nichtbehandlung deutlich überwiegt.

Alle diese Ziele wären den wissenschaftlich methodischen Einwänden auszusetzen, die oben kurz skizziert worden sind. Durchgehend dürfte aufgrund des gegenwärtigen internationalen, methodisch getesteten Kennntnisstands ein anderes "non olet", sprich: es geht nicht, gelten: Es ist gegenwärtig nicht mit nötiger Sicherheit zu beurteilen. Sonst mögliche Pragmatik ist angesichts des geradezu radikalen Menschengewichts von Zwang nicht zulässig.

Gestützt wird das Vorhaben durch die Entscheidung BVerfG NJW 2011, 2113 die einer solchen Kontrollinstanz - der Einschaltung eines externen Dritten - entscheidende objektive Schutzwirkung beimisst.

Die Gesetzesvorhaben Hessen und Niedersachsen sprechen sich anders als andere Vorhaben wie z.B. das zu § 8 UBG BW oder § 5a MVollzG Schleswig-Holstein und § 14a PsychKG Schleswig-Holstein, die eindeutig bei allen Maßnahmen einen Richtervorbehalt postulieren, für eine Entscheidungskompetenz eines eigens hierfür geschaffenen (ausschließlich ärztlichen) Kontrollgremiums aus (Hessen nur alternativ im Vorhaben zu § 7a Abs. 6 MVollzG). Eine Bestellung eines Beistandes für den Betroffenen, etwa wie die obligatorische Bestellung eines Verfahrenspflegers bei einer Zwangsbehandlung nach § 1906 BGB, ist nicht vorgesehen. Vorgesehen ist eine obligatorische Anhörung des Betroffenen, Betreuers bzw. des Bevollmächtigten zu einer geplanten Maßnahme (§ 8b Abs. 6 MVollzG Niedersachsen n.F.).

Gerichtlicher Rechtsschutz soll ausschließlich über §§ 109, 138 StVollzG durch die Strafvollstreckungskammern (Regelfall des Erwachsenenstrafrechts) durch Rechtsmittel gegen die Anordnung der Zwangsbehandlung erreicht werden (§ 8b Abs. 7 MVollzG Niedersachsen n.F.).

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum MVollzG des Bundeslandes Rheinland-Pfalz in 2011 ciii dem Gesetzgeber nur insoweit formelle Grenzen vorgegeben, als das Verfahren grundsätzlich geeignet sein muss, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Patienten orientierte Entscheidung zu erlangen.

Die Regelungen unterscheiden sich von den bislang verfassungsgerichtlich geprüften und beanstandeten landesrechtlichen Regelungen dadurch, dass es ihnen zufolge grundsätzlich entweder die Einwilligung des Betroffenen selbst oder die seines gesetzlichen Vertreters oder, wenn es an einem gesetzlichen Vertreter fehlt, weil ein Betreuer nicht bestellt wurde, eine anderweitigen Genehmigung der Maßnahme der Zwangsbehandlung bedarf.

Dies führt jedoch weder dazu anzunehmen, verfassungsrechtliche Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen einer Zwangsbehandlung zur Erreichung des Vollzugsziels seien nicht anzuwenden. Noch hat es zur Folge, die Feststellung sei möglich, diese Anforderungen wären erfüllt. Die Bestimmungen beschränken die medizinische Zwangsbehandlung des Untergebrachten zur Erreichung des Vollzugsziels nicht, wie verfassungsrechtlich geboten, auf den Fall seiner krankheitsbedingt fehlenden Einsichtsfähigkeit. Es werden vielmehr in § 7a MVollzG Hessen wie auch § 8 ff MVollzG Niedersachsen auch andere Gefahrtatbestände genannt civ.

Während teilweise bei Zwangsbehandlungen die richterliche Genehmigung gegenüber dem Betreuer oder Bevollmächtigten auf dessen Antrag als verfassungsrechtlich stets erforderlich gesehen wird cv, kann das Maßregelvollzugsrecht nach Ansicht des Verfassungsgerichtes zwar "die Einschaltung eines Betreuers durch entsprechend extensive Einwilligungserfordernisse solcher Art, dass bei fehlender Zustimmung des Betroffenen selbst die ersetzende Einwilligung eines Betreuers erforderlich und ausreichend ist, sicherstellen" cvi. Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, "die Rechte des Betroffenen gerade durch eine richterliche Genehmigung des Antrags eines Betreuers oder Vorsorgebevollmächtigten zu schützen", soll nach dieser Ansicht aber gerade nicht bestehen, zumal für den Betroffenen der Eingriff, der in einer medizinischen Zwangsbehandlung liegt, nicht dadurch weniger belastend wird, dass ein Betreuer ihr zugestimmt hat.

Für den Betreuer folgt aus der gesetzlichen Vertretungsmacht zudem nicht die Befugnis, einen entgegenstehenden Willen des Betreuten durch Zwang zu überwinden beziehungsweise eine Zwangsbehandlung seitens Dritter durch Einwilligung zu legitimieren cvii.

Die entscheidende "objektive Schutzwirkung, die in der Einschaltung eines externen Dritten" begründet sei, kann nach Verfassungsgerichtsrechtsprechung durch Richtervorbehalt oder durch Beteiligung einer anderen neutralen Stelle wahrgenommen werden (explizit genannt werden Ombudsperson, sonstige Behörde). cviii

Die konkrete Ausgestaltung der Art und Weise einer möglichen Vorgehensweise, die sichern könnte, dass vor einer Zwangsbehandlung, die dazu dienen soll, das Vollzugsziel zu erreichen, eine von der Unterbringungseinrichtung unabhängigte Prüfung des Vorgangs erfolgt, unterfällt nach Ansicht des Verfassungsgerichtes letztlich der Kompetenz des Gesetzgebers.

Vor diesem Hintergrund werfen die Novellen des § 8b Abs. 5 MVollzG Niedersachsen und § 7a Abs. 6 MVollzG Hessen mit Schaffung eines Sachverständigengremiums durch das Fachministerium bzw. dessen Weisung zur Beurteilung wesentlicher Vorgaben des Verfassungsgerichtes bei künftiger Zwangsbehandlung (Patientenverfügung, ärztliche Aufklärung, Willensermittlung) die Frage auf, ob im Anordnungsverfahren der Richtervorbehalt hinreichend gewährleistet sei. Sind mit der Wahl eines externen Sachverständigengremiums in § 8b Abs. 5 MVollzG Niedersachsen die Voraussetzungen der Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 60 Satz 1 NV erfüllt?

Effektiver Rechtsschutz wird nicht durch die Regelungen des § 8 b Abs. 6 MVollzG Niedersachsen zur Anhörung des Betroffenen, des Betreuers bzw. des Bevollmächtigten gewährt, zumal sich die vorgesehenen Regelungen darüber ausschweigen, welche Rolle gerade der Beteiligung des Betreuers bzw. Bevollmächtigten in dem Verfahren zur Anordnung der Zwangsbehandlung zukomme.

Hinreichender Rechtsschutz und die Gewährleistung des Richtervorbehaltes wäre im MVollzG Hessen in § 7a Abs. 6 unstreitig gewahrt, soweit "die Behandlung aufgrund einer Anordnung nach Abs. 2" "der vorherigen Genehmigung der Strafvollstreckungskammer oder des einweisenden Gerichts" bedürfe.

Bei der Alternative, die Behandlung aufgrund einer Anordnung nach Abs. 2 von der vorherigen Genehmigung der Fachaufsicht abhängig zu machen, wogegen nach § 109 der Strafprozessordnung gerichtliche Entscheidung beantragt werden kann, dürften ähnliche Bedenken wie zu § 8b Abs. 7 Satz 4 MVollzG Niedersachsen bestehen:

Der Landesgesetzgeber Niedersachsen sieht die Voraussetzungen des Richtervorbehaltes wegen der Regelung des § 8b Abs. 7 Satz 4 MVollzG Niedersachsen als gegeben an. Danach kann der Betroffene vor Vollzug der Zwangsbehandlung die zuständige Strafvollstreckungskammer (Regelfall Erwachsenenstrafrecht) anrufen und um Rechssschutz ersuchen.

Der Richtervorbehalt - auch der einfachgesetzliche - zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme in ihren konkreten gegenwärtigen Voraussetzungen durch eine unabhängige und neutrale Instanz cix.

Der einfachrechtliche Richtervorbehalt gehört indes nicht zwingend zum Bereich des rechtsstaatlich Erforderlichen cx. Er beruht regelmäßig auf einer Entscheidung des Gesetzgebers und nicht auf einer zwingenden verfassungsrechtlichen Vorgabe cxi.

Bedenken bestehen aber dahingehend, dass die hohe Bedeutung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gebieten könne, die medikamentöse Zwangsbehandlung dürfe nur durch einen Richter angeordnet werden.

Dies ist für die Regelung des § 1906 BGB allgemein anerkannt. Auch und gerade wegen der Potenzierung der Rechtsgutverletzungen bei Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug kann nichts anderes gelten. Zum einen wird dem Patienten zeitlich unbefristet nach Gutdünken der Ärzte seine Freiheit vollständig entzogen, indem er in einer geschlossenen Station untergebracht wird. Zum anderen wird er zwangsweise durch massive Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit veranlasst, Psychopharmaka mit potentiell und nicht kalkulabel wesensveränderndem Einfluss und starken Nebenwirkungen einzunehmen.

Das Grundgesetz enthält ausdrückliche Richtervorbehalte indes nur für Wohnungsdurchsuchungen, Art. 13 Abs. 2 GG und Freiheitsentziehungen, Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG, nicht aber für Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 3 GG.

Die hohe Bedeutung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG könnte verfassungsrechtlich gleichwohl einen Richtervorbehalt gebieten. Durch eine Zwangsbehandlung kann das Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden kann cxii. Sie stellt außerdem einen so schwerwiegenden Eingriff dar, dass aus dem Gesichtspunkt der Eingriffstiefe heraus ein Richtervorbehalt geboten sein dürfte cxiii.

Die Zwangsbehandlung mit Neuroleptika ist ein gravierender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit im Sinne des Art. 2 Abs. 2 GG. Auch, wenn sie nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen würde, erlaubte der gegenwärtige Stand der Wissenschaft keine zuverlässigen Aussagen über die Wirkungsweise und die Nebenwirkungen typischer wie atypischer Neuroleptika. Sie haben "häufig objektiv erkennbare und subjektiv wahrgenommene Nebenwirkungen insbesondere auf Motorik und vegetative Funktionen". Lebensbedrohliche Nebenwirkungen sind möglich, auch wenn sie eher selten vorkommen (<1/10.000) (≥1/1.000 bis <1/100). Bei Clozapin werden lebensbedrohliche Konsequenzen sogar häufiger festgestellt (bis etwa 1/100) cxiv. In besonderen Fällen kann die neuroleptische Medikation auch zu ernsten Komplikationen führen.

Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung sieht "einen besonders schweren Grundrechtseingriff im Hinblick auf die Wirkungen dieser Medikamente". Solch bedrohlichen Wirkungen seien "schon im Hinblick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit schwerer, irreversibler und lebensbedrohlicher Nebenwirkungen" anzunehmen. Psychopharmaka seien "auf die Veränderung seelischer Abläufe" gerichtet. Ihre Verabreichung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen berühre daher "in besonderem Maße den Kern der Persönlichkeit" cxv.

Der BGH hat bereits in 2000 in seiner weitreichenden Leitsatzentscheidung zur ambulanten Zwangsbehandlung cxvi darauf hingewiesen, ein Betroffener sähe in einer Zwangsmedikation "subjektiv möglicherweise (eine) stärkere Belastung", als in der eher äußerlich bleibenden Unterbringung.

Die gesetzlich geregelte Unterbringung im Maßregelvollzug kumuliere gerade für den Fall der Zwangsbehandlung mit Neuroleptika Freiheitsentziehung einerseits durch den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Maßregelvollzugspatienten andererseits. Damit aber dürfte der Gesetzesentwurf des Landes Niedersachsen nicht geeignet sein, verfassungsrechtliche Bedenken durch Einräumen einer Option nach § 109 StVollzG zu entkräften.

Eine nachträgliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Zwangsbehandlung im Rahmen des § 109 StVollzG durch richterliche Prüfung, ob die maßgeblichen Anordnungen in objektiv vertretbarer Weise, also ohne Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG, ausgelegt und angewandt worden sind, dürfte nicht ausreichen.

Dieser Befund gilt unabhängig davon, ob hinsichtlich der Prüfung nach § 109 StVollzG auf den Zweck der Zwangsmaßnahme oder deren Dauer abgestellt wird. Insoweit dürfte bereits die eigentliche Anordnung der Zwangsbehandlung gegen den Willen dem Richtervorbehalt, den auch das Verfassungsgericht in seiner Entscheidung zum MVollzG RP explizit benennt cxvii, unterfallen. Der Richtervorbehalt steht nicht zur Verfügung des Gesetzgebers cxviii. Er ist unmittelbar geltendes Recht. Damit kann dieser nicht erst im "Bedarfsfalle" der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 109 StVollzG angewandt werden. Er muss vielmehr unmittelbare Voraussetzung eines solchen Grundrechtseingriffs sein. Die betreffende Maßnahme bedarf darum stets der richterlichen und nicht nur der ärztlichen -sachverständigen - Entscheidung.

Auch die Fachgerichte wären zwar für den Fall, dass Anordnungen zur Zwangsbehandlung in einem gerichtlichen Verfahren zu treffen wären, mangels eigener Sachkunde zur Frage der Erforderlichkeit, der Effektivität, der Verhältnismäßigkeit und der Einwilligungsfähigkeit gehalten, ein fachpsychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. In einem solchen Verfahren wäre die Beiziehung eines anstaltsexternen Sachverständigen generell geboten. Anders als im vorgesehenen Verfahren sei die Verfahrensleitung aber dem Richter vorbehalten.

Zu den wichtigsten Grundsätzen in einem Verfahren betreffend Anordnungen nach § 1906 BGB gehört, dass der Richter sich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen verschaffe. Damit würde er in den Stand gesetzt, ein klares und umfassendes Bild von der Persönlichkeit des Betroffenen zu gewinnen und seiner Pflicht zu genügen, das psychiatrische Gutachten richterlich zu kontrollieren cxix.

Wenn auch der zur Entscheidung berufene Richter die Frage notwendiger Behandlung nur mit Hilfe eines psychiatrischen Sachverständigen beurteilen könne, so sei er nicht verpflichtet, die Begriffswelt des Arztes bzw. Psychiaters zu übernehmen. Im Gegenteil! Die teils weiter, teils aber auch enger bestimmten "rechtseigensinnigen" juristischen Begriffe sind bei der Gesetzesanwendung allein zugrunde zu legen.

Da juristische Begriffe leichtere Formen von Gefahrtatbeständen ausklammern, kann zwischen juristischer und medizinischer Definition eine Differenz bestehen.

Die Vorschrift des § 8 Abs. 5 MVollzG Niedersachsen könnte zudem, indem sie auch privat niedergelassenen Sachverständigen durch das Fachministerium Entscheidungskompetenzen zum Maßregelvollzug delegieren, gegen den Grundsatz des Funktionsvorbehalts (Artt. 60 Satz 1 NV, 33 Abs. 4 GG) verstoßen. Ihm gemäß ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe regelmäßig Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, d. h. Beamten, vorbehalten. Gegebenenfalls müsste hier ein besonderes Rechtsverhältnis cxx begründet werden.

Generell ist allerdings die Notwendigkeit der Bestellung eines externen Gutachters bei der Beurteilung von Fragen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen und der Notwendigkeit der Zwangsbehandlung bei allen Gesetzesvorhaben zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug gegeben. Dem sind die Gesetzgeber nur unzureichend nachgekommen.

Zudem müsste die Frage der Einwilligungsfähigkeit wie ausgeführt nach zu schaffenden medizinischen Standards beurteilt werden. Auch darf die zwangsweise Medikamentengabe jedenfalls nach dem Gesetzesvorhaben erklärtermaßen nur als ihrerseits mehrwertige, beliebigkeits-gefährdete "ultima ratio" am Ende von erfolglosen freiwilligen Behandlungsversuchen stehen (vgl. zusätzlich die Schlussbmerkungen).

Der Verfassungsgeber hat in Art. 19 Abs. 4 GG nicht die Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit staatlicher Maßnahmen, sondern den individuellen Rechtsschutz der Bürger in den Mittelpunkt richterlicher Arbeit gestellt.

Subjektiver Rechtsschutz wird mit Art. 8 Abs. 5 Nds. MVollzG und in § 7a Abs. 6 Hess. MVollzG in der 2. Alternative wegen des fehlenden Richtervorbehaltes nicht hinreichend gewährleistet. Die Anordnung der Maßnahme der Zwangsbehandlung müsste durch einen Richter und nicht durch ein ministeriell eingesetztes Gremium von Sachverständigen bzw. die Einrichtung selbst erfolgen.

Hierfür sprechen auch praktikable Gründe, zumal einer einwilligungsunfähigen und damit ohnehin insoweit beeinträchtigten Person kein Beistand (etwa in der Form eines Verfahrenspflegers) bestellt ist. Ein solcher könnte gegebenenfalls für den Betroffenen einer Zwangsmaßnahme Rechtsmittel wie den eines Antrags nach § 109 StVollzG vornehmen.

e. Die geplante Regelung des § 8 c Nds. MVollzG, § 7a Abs. 1 Hess. MVollzG - Zwangsbehandlung bei Drittgefährdung

Die Neuregelung des § 8c Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz und des § 7a Abs. 1 Hessisches Maßregelvollzugsgesetz enthält jeweils eine Regelung zur Zwangsbehandlung bei Drittgefährdung.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 23.03.2012 cxxi ausgeführt:

"Als rechtfertigender Belang kommt insoweit allerdings nicht der gebotene Schutz Dritter vor den Straftaten in Betracht, die der Untergebrachte im Fall seiner Entlassung begehen könnte. Dieser Schutz kann auch dadurch gewährleistet werden, dass der Untergebrachte unbehandelt im Maßregelvollzug verbleibt. Er rechtfertigt daher keinen Behandlungszwang gegenüber einem Untergebrachten, denn dessen Weigerung, sich behandeln zu lassen, ist nicht der Sicherheit der Allgemeinheit vor schweren Straftaten, sondern seiner Entlassungsperspektive abträglich".

Zwar nimmt die Entscheidung nur auf freiheitsentziehende Maßnahmen des Maßregelvollzuges Bezug. Aufgrund des gleichen Normzweckes einer möglichen Eingriffsnorm und einer gleichen Interessenlage (Freiheitsentzug bei Drittgefährdung) ist die Bezugnahme auf Fremdgefährdung bei der Legitimation von Zwangsbehandlung aber nach dem eindeutigen Wortlaut der verfassungsrechtlichen Entscheidung vom März 2011 unzweifelhaft abzulehnen. Auch hier gilt, dass der Patient mit der Behandlungsverweigerung seine Entlassung möglicherweise verzögert, effektiver Schutz aber gleichwohl gewährleistet ist.

Zwangseingriffe in Körper und Geist zählen zu den intensivsten Grundrechtseingriffen. Sie sind seit jeher verfassungsrechtlich und rechtspolitisch umstritten. Dies gilt erst recht, wenn der Betroffene öffentlichrechtlich untergebracht ist cxxii.

Soweit ausnahmsweise eine Befugnis des Staates, den Einzelnen "vor sich selbst in Schutz zu nehmen"cxxiii, anzuerkennen ist, eröffnet dies keine "Vernunfthoheit" staatlicher Organe über den Grundrechtsträger dergestalt, dass dessen Wille beispielsweise auch zur Inanspruchnahme von Alternativmedizin allein deshalb missachtet werden dürfte, weil er von durchschnittlichen Präferenzen abweiche und deshalb sein Wille unvernünftig erscheine cxxiv.


8. Zusammenfassung:

Gesetzentwürfe - ein normativer Zuckerguss, keine angemessenen Normierungen gegebener Probleme


Knappes Resultat verbunden mit dem Hinweis auf weitgehend übersehene, aber auch und gerade gesetzesförmig nicht zu übersehende Lücken, Als-Ob-Annahmen und nicht Rechtssicherheit, sondern wachsende Beliebigkeit fördernde Mehrwertigkeiten als zugleich Mehrdeutigkeiten

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sämtliche Gesetzesentwürfe in ihrer derzeitigen Fassung den hohen Anforderungen an einen Eingriffstatbestand der Zwangsbehandlung nicht genügen. Zwar ist vor allem der Entwurf des Landes Schleswig-Holstein als ´fortschrittlich´ zu bezeichnen. Die Behandlung im Maßregelvollzug nach dem MVollzG des Landes Niedersachsen darf nicht dazu führen, dass der Kernbereich der Persönlichkeit angetastet wird. In Schleswig-Holstein stehen, grund- und menschenrechtskorrekt, alleine die Patienten selbst und nicht Dritte im Entscheidungsfokus.

Die Vorgaben zur Patientenverfügung des § 1901a BGB und die Vorgaben des Verfassungsgerichtes werden in erheblichen Hinsichten nicht vollständig und konsequent eingehalten (a la: Zwangsbehandlungen müssten "Erfolg" versprechen; sie dürften nur das "letzte Mittel" sein; jeder Zwangsbehandlung müsse "der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene Versuch vorausgegangen sein, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung des Untergebrachten zu erreichen"; eine Zwangsbehandlung müsse gewährleisten, dass der Betroffene vorher rechtzeitig Rechtsschutz suchen könne; die Zwangsbehandlung müsse dokumentiert werden; die Notwendigkeit einer Zwangsbehandlung sei von einem externen Gutachter zu prüfen).

Die Maßregelvollzugsgesetze der Länder schaffen ebenso wie die Unterbringungsgesetze bzw. PsychKG´s zwar Eingriffstatbestände für die Zwangsbehandlung vermeintlich Einwilligungsunfähiger, lassen aber Standards und Vorgaben zum Begriff und der Definition der Einwilligungsfähigkeit bereits im Ansatz missen. Eine solche verbindliche und auch allgemeingültige Standardisierung des Begriffes der Einwilligungsunfähigkeit wäre aber Grundvoraussetzung für einen denkbaren derartigen Eingriff in Grundrechte eines betroffenen Patienten.


Postscriptum - einige nicht weiter ausgeführte Hinweise. Sie gehen über den hier geleisteten, Stellung nehmenden Vergleich einiger geplanter Neufassungen von Ländergesetzen zur Unterbringung psychisch kranker Menschen und zu ihrem Traktat in Anstalten des Maßregelvollzugs hinaus. Wollten die Landesgesetzgeber ihre Gesetze so sachgerecht wie im Jahre 2013 möglich formulieren und verabschieden und gleicherweise so rechtsicher wie durch allgemeine Gesetze möglich im normativ und institutionell konstitutiven Kontext der Verfassung des Grundgesetzes und der allgemein und unmittelbar geltenden Grund- und Menschenrechte, dann müssten sie nicht nur, aber auch die folgenden Monita beachten.


I. Lücken

  1. In den Gesetzentwürfen wird nicht erkenntlich oder, wenn, dann eher negativ, dass die Gesetz gebenden Prätendenten über eine reiche, empirisch gesicherte und international vergleichende Grundlage zu dem großen und heterogenen Spektrum verfügten, was heute - wenn der verkürzte Ausdruck vorübergehend erlaubt ist - an psychisch bedingten Bewusstseins- und Verhaltensproblemen der Fall ist, die sich je und je wellengleich auf dem mehrdeutigen Damm psychischer Behinderungen und Krankheiten bewegen. Ein Hinweis auf das sich ausfächernde Phänomen der Demenzen von alten Leuten mag zur Illustration genügen. Unsere, hier nicht zu belegende oder argumentativ auszuführende These lautet: es ist falsch, sprich: Es verfehlt die Probleme, sich auf den angeblich in psychiatrischer Rationalität gründenden Zwang zu konzentrieren, der gegen psychisch Behinderte, auch in deren Interesse vonnöten sei. Falsch ist diese Konzentration zum einen aus grund- und menschenrechtlichen Kernnormen. Diese schließen Zwang aus, der reine Widerspruch eines Heilberufs. Falsch ist diese Konzentration außerdem vor allem, weil sie von den wahren Problemen psychisch potentiell und aktuell Versehrter wegführt und, recht verstanden die sich um sie gruppierenden Heilberufe auf radikal falsche Fährten führt.

  2. Die Gesetzentwürfe wie in der Regel, die mit psychiatrischen Fällen befassten Gerichte formulieren und sprechen Recht auf einer bestenfalls schwankenden, dazuhin von professionellen Interessen durchsetzten Basis: Der Basis, als ob Psychiatrie als medizinisch informierte Wissenschaft und diejenigen, die sie betreiben, in ihren Aussagen und Praxen als Leitrute richtigen Urteils und Verhaltens in Sachen psychisch bedingte Verhaltensschwierigkeiten orientierungsstark betrachtet werden könnten. Es spricht Vieles dafür, die um psychisch Behinderte kreisenden Berufe analytisch, in diesem Fall, anamnetisch, in Richtung Heilmittel und Heilpraktiken nicht nur ernst zu nehmen, sondern zu fördern. Falsch aber wäre es, ja im Indikativ: ist es, psychiatrischen Berufen und ihren renomierten Repräsentanten Urteilsvermögen zuzusprechen, die die Profession und ihre Proessionellen in dem Sinne auch nur annähernd urteilsfähig, wissenschaftlich wahrheitsfähig machten, um darauf Zwangseinrichtungen, unmittelbaren Zwang und Zwangsbehandlungen zu gründen. Die historisch und gegenwärtig immer wieder weit verbreiteten Ängste führen nicht nur weg von einer Reihe erkenntlich selbstverschuldeter Probleme, sie legitimieren auch den doppelten Schein als könnten allgemeine Verhaltensprobleme auf psychisch Kranke abschiebend projiziert werden. Und als bildete die Psychiatrie eine wohlgefällige Polizei menschlicher Probleme, obgleich gerade vorgenannte Zwangsfixierung uns alle, insbesondere die zuständigen Instanzen von alleine fleißig machte, sie so anzugehen, dass Problemkulminationen nicht entstünden, die den Zwang dem interessierten und hilflosen Anschein nach zur einzigen Möglichkeit der Unmöglichkeit zu machen scheinen. Dabei bedarf es nicht nur sorgsamer genauer Rückblicke bis zur Nationalsozialistischen "Euthanasie" und weit hinter sie zurück, ja auch rund um die bundesdeutsche Ecke, um einzusehen, dass wir unsere Probleme nicht los werden, indem wir sie zwangsweise an die Randgruppen abschieben, die dadurch erst zu den Randgruppen werden.

II. Pseudoprobleme und Pseudolösungen

  1. Zuerst sollte sich niemend ein X für ein U vormachen, als gäbe es keine "Alternative" zum Zwang, wenn Menschen einsichtslos verstockt erscheinen. Wegschließen, mit Gewalt behandeln, belegt nur einen Mangel an sozialer Phantasie und eigene, gewaltförmige Verklemmungen. Ein Blick in die "Naturtatsache" qua Demographie der Altersdemenz kann lehren, welche Bedingungen genetisch und funktional erklären, wie es zu von Demenzkranken überfüllten Pflegeheimen, zur Altersgewalt und zum gewalthaften Umgang mit alten Menschen kommt. Bei Letzterem spielen bei weitem mehr als staatlich diverse formen privater Gewalt einschließlich verabreichter Neuroleptika eine wichtige Rolle. Sie stellen die unruhigen Alten zeiteffizient still. Allgemein gilt: Das, was sich Psychiatrie mit fachwissenschaftlichen Anspruch nennt, könnte sich als aufs Heilen behinderter Menschen erpichte, fundierte Praxis etablieren, schwämme sie sich nicht nur in einigen herausragenden Vertreterinnen und Vertretern zwangsfrei.

  2. Die ultima ratio wirkt wie ein wundersamer legitimatorischer Placeboeffekt. Wörtlich ist es die Rationalität, die gerade noch besteht, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Zuerst: Könnte es nicht sein, dass Zwang an anderen Menschen geübt, gerade keine Rationalität mehr besitzt? Zum zweiten: Sind tatsächlich alle menschlichen Möglichkeiten ausgeschöpft worden? Ein Blick auf Zwangsfälle genügt. Dann ist zu entdecken, wie eng das Spektrum der Möglichkeiten begrenzt ist. Zeit, Geld, Effizienz - die Ökonomische Behandluung kennt fast keine Grenzen. Könnte nicht sie daran schuld sein, dass lieber mit dem professionalisiert gedämpften Schrecken des unmittelbaren Zwangs gearbeitet wird, um mögliche Folgeprobleme los zun werden? Denn man hat ja - die "Logik" der ultima ratio - angeblich alles versucht. Zum dritten, wer entscheidet denn über den Zwang? Von den genetisch erzeugten Zwangssituationen zu schweigen, darf die Zwangsentscheidung, wenn sie schon die Person des Gezwungenen negiert und also ihre Würde nicht nur antastet, sondern aufhebt - angeblich mit dem dann nicht mehr möglichen Ziel einer verordneten restitutio in integrum - von abgehobenen Berufen selbst des Rechts ge-, nein erfunden werden? Je länger man sich über dieses wundersame Absolutum, abgehoben von allem menschlich Relativen besinnt, das uns ein festes Ruhekissen geben könnte, desto klarer, ja desto einsichtiger wird: Das "Absolute" der angeblich interessefreien ultima ratio ist das ens relativum schlechthin, überaus situations-, ziel-, mittel- und vorstellungsabhängig.

  3. Vorbehaltsringelreihen, damit man sich selbst in den Schlaf singe, der naturzwangsweise die Augen zufallen macht. Im 2. Absatz dieser Zusammenfassung haben wir eine Reihe der Vorbehalte zitiert, die das Bundesverfassungsgericht anführt, Vorbehalte, die gelöst sein müssten, um Zwang um sechs Ecken herum doch zu erlauben. Wenn damit der Trick des Sisyphos verbunden sein sollte, der den immer erneut berghoch gerollten Stein ebenso immer erneut herunterkullern weiß - es sei denn, man hielte ihn für dumm - dann geben diese Vorbehalte die Devise vor: von den Mühen schließlich dann doch zum Zwang befreit. Im Sinne des Gesetzes und der ihm "rechtssicher" folgenden Psychiater. Da heißt es: Zwangsbehandlungen müssten Erfolg versprechen. Was aber heißt Erfolg? Und wer entscheidet über diesen? Und dies gar vorweg? Dann ist erneut vom "letzten Mittel" die Rede. Darüber haben wir gerade vorletzt gehandelt. Erneut stellt sich die ganze Skala der Zuständigkeits-, der Wissens-, der Kriterien- und der Entscheidungsfragen. Danach ist trefflich davon die Rede, dass der sogleich Gezwungene ohne Druck zustimmen solle. Nichts wird darüber gesagt, was, wenn er dennoch nicht zustimmt. Auch das Bundesverfassungsgericht tut so, als stünde das Ergebnis, das da lautet: "Zustimmung", vorweg fest. Wie soll der demnächst Zwangsgeschlagene zur Peitsche Liebe empfinden? Ist das anders als J. J. Russeau´s "gezwungen, frei zu sein"? Jedes folgende Wort ist gleicherweise voraussetzungsreich: a la Rechtsschutz, a la dem neuen Glauben des Informationszeitalters, bürokratisch eingerichtet, der Dokumentation. Von den Pfegeheimen weiß man, dass gerade die besten Pflegerinnen und Pfleger die Dokumentation ihrer tayloristischen Hetze, wenn nicht abends müde, dann mit trickreichen, aber geforderten Formeln wunderschön hinschmieren. Und wie verhält es sich mit der gleichermaßen modischen Korruptionssperre, einem externen Gutachter? Dabei ist man froh, dass wenigstens das Bundesverfassungsgericht, institutionell und funktional die Grund- und Menschenrechte nicht wie mobil-flexible Stolpersteine hin- und herschiebt, um spätere Stolpersteine des reuigen, indes folgenlosen Gedenkens zu vermeiden.

  4. Wir brechen auch hier ab. Was gilt, trotz sytematischem Missbrauch gültig war und, so hoffen wir, gültig bleiben wird, ist in einem kurzen Satz mit langem Inhalt zu formulieren: Zwang gegen andere Menschen, auch Selbstzwang, wenn er als solcher kenntlich würde, ist in einer Gesellschaft und ihrer Politik nicht positiv zu lizensieren, solange sie sich selbst aus krummem Holz geschnitzt ernst nimmt. Darum gilt die altrömische Mahnung an alle politischen Repräsentanten: sie mögen darauf achten, dass Grundrechte und Demokratie keinen Schaden nehmen. Psychiatrisch wie immer begründeter Zwang wäre ein solcher Schaden. Und er wirkte fort.

 

Gez. Wolf-Dieter Narr Gez. RA Thomas S a s c h e n b r e c k e r
Friedrichstr. 2
76275 Ettlingen
www.psychiatrierecht.de


 

i BVerfG, 2 BvR 228/12 Beschluss vom 20.2.2013, BVerfGE 128, 282 S. 300; 129, 269 S. 280.

ii BVerfG, BVerfGE 128, 282-322 S. 317 (Beschluss vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09)

iii BVerfGE 116, 69 S. 80

iv BVerfG, 2 BvR 228/12 Beschluss vom 20.2.2013

v BVerfGE 128, 282 S. 318 ff. (Beschluss vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09)

vi BVerfGE a.a.O. (Beschluss vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09)

vii Heitmann, Zwangsbehandlung und Verfassungsrecht jurisPR-FamR 13/2012, S. 18

viii OLG Zweibrücken, 1 Ws 90/11 Beschluss vom 01.08.2011 (juris)

ix BVerfG 2 BvR 1194/80 Beschluss vom 7. Oktober 1981 (BVerfG 58, 208 ff.)

x BVerfG 2 BvR 1194/80; BVerfG 58, 208 (S. 227)

xi BVerfG a.a.O. S. 224 f.

xii BVerfG 2 BvR 882/09

xiii BVerfG 2 BvR 633/11

xiv BVerfG 2 BvR 228/12; zuvor schon BVerfG 2 BvR 2362/11 Beschluss vom 15.12.2011

xv BGH XII ZB 99/12 und BGH XII ZB 130/12 Beschlüsse vom 20.06.2012

xvi Inzwischen novelliert durch das am 26.02.2013 in Kraft getretene "Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme" vom 18.02.2013, Bundesgesetzbl. 2013 Teil I Nr. 9

xvii BGH XII ZB 99/12 und BGH XII ZB 130/12 Beschlüsse vom 20.06.2012

xviii BGH XII ZB 99/12 Beschluss vom 20.06.2012

xix Schneider-Addae-Mensah, Verfasser der Beschwerde 2 BvR 882/09, Anmerkung zum "Zwangsbehandlungsbeschluß" vom 23.03.2011 - 2 BvR 882/09 -

xx BVerfG 1 BvR 1502/08 Beschluss vom 04.05.2011

xxi "Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme" vom 18.02.2013, Bundesgesetzbl. 2013 Teil I Nr. 9

xxii vgl. Süddeutsche Zeitung vom 17. Januar 2013 - Bundestag billigt Zwangsbehandlungen im Notfall

xxiii Zeit online vom 24.01.2013 - Zwangsbehandlungen als letztes Mittel

xxiv BVerfG, Beschluss vom 12.10.2011, 2 BvR 633/11

xxv BVerfG, 2 BvR 882/09 vom 23.3.2011, Rn. 45

xxvi ebenso OLG Celle, 1 Ws 233/11, Beschluss vom 03.08.2011

xxvii BVerfG a.a.O. Rn. 46

xxviii BVerfG a.a.O. Rn. 47

xxix vgl. Motive des Gesetzgebers zu § 8 ff. MVollzG Niedersachsen

xxx BVerfG a.a.O. Rn. 48

xxxi Der Behandlungsplan, Abs. 2 Ziffer 8, soll sich konsequenterweise aus § 5 MVollzG ergeben

xxxii BVerfG, Beschl. v. 23.03.2011 - 2 BvR 882/09 (NJW 2011, S. 3571)

xxxiii BVerfG NJW 2011, S. 2113

xxxiv Sachs, Körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung JuS 2011, 1047

xxxv BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 -, BVerfGE 128, 282-322

xxxvi BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - 2 BvR 633/11 -, BVerfGE 129, 269-284

xxxvii zuletzt BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 2 BvR 228/12

xxxviii Heitmann, jurisPR-FamR 13/2012 Anm. 6

xxxix BVerfG, Beschl. v. 23.03.2011 - 2 BvR 882/09 (NJW 2011, S. 3571)

xl BT-Drs. 16/8442, S. 14.

xli Bauer in Prütting/Wegen/Weinreich: BGB Kommentar, 7. Auflage 2012, § 1901 a BGB Anm. 2 m.w. Nachw.

xlii Heitmann, jurisPR-FamR 13/2012 Anm. 6

xliii BVerfG, Beschl. v. 23.03.2011 - 2 BvR 882/09 (NJW 2011, S. 3571)

xliv Heitmann, jurisPR-FamR 13/2012 Anm. 6

xlv BGH, Beschl. v. 01.02.2006 - XII ZB 236/05 - Heitmann, jurisPR-FamR 9/2006 Anm. 1

xlvi BVerfG, 2 BvR 633/11 Beschluss vom 12.10.2011

xlvii Sachs, Grundrechte: Körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung JuS 2011, 1047

xlviii BVerfG, 2 BvR 2362/11 vom 15.12.201 Abs. Nr. 6

xlix BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 2 BvR 228/12

l BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 2 BvR 228/12

li LG Potsdam 20 Vollz 2/12 Beschluss vom 4. Januar 2013

lii Deutscher Richterbund Aktuell, Ausgabe 11/2012

liii Falkai, P.: Verfahren Transparenter gestalten, Presseerklärung der DGPPN vom 19.11.2012

liv Falkai, P.: Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde(DGPPN) vom 18.10.2012

lv J. Müller (Göttingen), N. Saimeh (Lippstadt), N. Nedopil (München), Frank Schneider (Aachen), P. Falkai (Göttingen): Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) vom 16.01.2012

lvi Falkai, DGPPN 19.11.2012, a.a.O.

lvii Lipp, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme

lviii Falkai in FOCUS Online vom 17.01.2013, "Gegen den Willen des Patienten - Zwangsbehandlung in der Psychiatrie bald ganz legal ?"

lix Ärzte Zeitung vom 18.01.2013, Bundestag beschließt "ultima ratio"

lx Ärzte Zeitung vom 18.01.2013 a.a.O.

lxi Deutsches Institut für Menschenrechte, Stellungnahme der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention anlässlich der Öffentlichen Anhörung vom 10. Dezember 2012, im Rahmen der 105. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages

lxii Statement by Mr. Juan E. Méndez, Special Rapporteur on Torture and other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, 22 nd session of the Human Rights Council, Agenda Item 3, 4 March 2013, Geneva

lxiii Nešković, Der Wille des Patienten geht vor - Der Tagesspiegel, 29.11.2012

lxiv Narr et al. Behinderung, Menschenrechte und Zwang 2011

lxv Rinke NStZ 1988, 10 S. 13

lxvi Matthias Seibt, Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener, Interview mit der Frankfurter Rundschau vom 30. Juni 2008

lxvii Matthias Seibt, Betreuungsmanagement Heft 1/2009 S. 21.ff.

lxviii Spickhoff, Medizinrecht, Art. 2 GG Rn. 12

lxix Begründung des Gesetzesentwurfs: "Unabhängig davon besteht die Gefahr, dass Patienten mit paranoiden Zustandsbildern verstärkt fremdaggressiv reagieren, so dass mit einem erhöhten Deliktaufkommen durch diesen Personenkreis zu rechnen ist."

lxx Deutsches Institut für Menschenrechte, Stellungnahme der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention anlässlich der Öffentlichen Anhörung vom 10. Dezember 2012, im Rahmen der 105. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages

lxxi BVerfG, 2 BvR 633/11 vom 12.10.2011

lxxii BVerfG, 2 BvR 633/11 vom 12.10.2011: "In Deutschland existieren, nachdem von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in den neunziger Jahren initiierte Versuche zur Etablierung medizinischer Standards für Zwangsbehandlungen nicht zu einem Ergebnis geführt haben (vgl. Steinert, in: Ketelsen/Schulz/Zechert, Seelische Krise und Aggressivität, 2004, S. 44 <47>), keine medizinischen Standards für psychiatrische Zwangsbehandlungen, aus denen mit der notwendigen Deutlichkeit hervorginge, dass Zwangsbehandlungen mit dem Ziel, den Untergebrachten entlassungsfähig zu machen, ausschließlich im Fall krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit zulässig sind."

lxxiii BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 2 BvR 228/12 -, juris (Rn 60)

lxxiv Falkai, Zwangsmaßnahmen: Verfahren transparent gestalten Presse-Information Nr. 47 /19.11.2012 der DGPPN

lxxv Mittag, Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an psychiatrische Zwangsbehandlungen im Betreuungsrecht R & P (2012) 30 S. 197 , S. 201

lxxvi BVerfG, 2 BvR 882/09 vom 23.3.2011, Rn. 61

lxxvii Vgl. zum Ganzen: Dr. Schneider Addae-Mensah, a.a.O.

lxxviii BVerfG 2 BvR 882/09, Beschluss vom 23.03.2011

lxxix BVerfG 2 BvR 882/09, Beschluss vom 23.03.2011

lxxx BVerfG 2 BvR 882/09, Beschluss vom 23.03.2011

lxxxi Dr. Schneider-Addae-Mensah a.a.O.: "Konsequent wäre es daher gewesen, die Zwangsbehandlung mit Psychopharmaka aus Verhältnismäßigkeitsgründen generell für verfassungswidrig zu erklären".

lxxxii BVerfG a.a.O.

lxxxiii BVerfG, 2 BvR 882/09 vom 23.3.2011, Rn. 44

lxxxiv Dr. David Schneider-Addae-Mensah, Anmerkung zum "Zwangsbehandlungsbeschluß" des Bundesverfassungsgerichts vom 23.03.2011 - 2 BvR 882/09 -

lxxxv BVerfG, 2 BvR 882/09 vom 23.3.2011

lxxxvi BVerfG, 2 BvR 882/09 vom 23.3.2011

lxxxvii BGH NJW 1958, S. 267 m. w. Nachw.

lxxxviii Spickhoff, Medizinrecht, Art. 2 GG Rn. 12

lxxxix Begründung des Gesetzesentwurfs MVollzG Niedersachsen: " um Regelungen zu ergänzen für die Fälle, in denen eine Einsichtsunfähigkeit oder eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für den Untergebrachten selbst oder für andere Personen besteht."

xc BVerfG, 2 BvR 633/11 vom 12.10.2011: "In Deutschland existieren, nachdem von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in den neunziger Jahren initiierte Versuche zur Etablierung medizinischer Standards für Zwangsbehandlungen nicht zu einem Ergebnis geführt haben (vgl. Steinert, in: Ketelsen/Schulz/Zechert, Seelische Krise und Aggressivität, 2004, S. 44 <47>), keine medizinischen Standards für psychiatrische Zwangsbehandlungen, aus denen mit der notwendigen Deutlichkeit hervorginge, dass Zwangsbehandlungen mit dem Ziel, den Untergebrachten entlassungsfähig zu machen, ausschließlich im Fall krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit zulässig sind."

xci BVerfG, 2 BvR 633/11 vom 12.10.2011

xcii Leitner FuR 2000, S. 57 mwN

xciii Baumbach, ZPO, 67. Aufl., Rz 15

xciv Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., Rz 355

xcv vgl. Salzgeber, Familienpsychologische Gutachten, 4. Aufl., S. 422

xcvi BGH NJW 1999, 2746 ff.

xcvii Anlage 15 zu § 11 Abs. 5 FeV

xcviii BVerfG Beschluss vom 07.10.1981, 2 BvR 1194/80

xcix BVerfG Beschluss vom 07.10.1981, 2 BvR 1194/80

c BVerfG 2 BvR 882/09, Beschluss vom 23.03.2011, Rn. 61

ci Dr. Schneider-Addae-Mensah a.a.O

cii vgl. BVerfG, 2 BvR 2365/09 vom 4.5.2011

ciii BVerfG 2 BvR 882/09 vom 23.03.2011

civ vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 2 BvR 228/12 -, juris

cv Lipp, BtPrax 2005, S. 6 f.; ders. Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (BT-Drucksache 17/11513) aus Anlass der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am 10.12.2012

cvi BVerfG 2 BvR 882/09 vom 23.03.2011 Rn. 71

cvii BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2013 - 2 BvR 228/12 -, juris Rn. 63

cviii BVerfG a.a.O.

cix BVerfGE 96, 44 S. 51 ff.; 103, 142 S. 151 m.w.N

cx BVerfG 2 BvR 1596/10, 2 BvR 2346/10 Beschluss vom 24. Februar 2011 (Ls)

cxi BVerfG, 2 BvR 784/08, Beschluss vom 28. Juli 2008, juris Rn. 12

cxii BVerfGE 5, 13 S. 15

cxiii BVerfGE 16, 194 S 200 f.

cxiv BVerfG 2 BvR 882/09 Rn. 35

cxv BVerfG a.a.O. Rn. 44

cxvi BGH XII ZB 69/00, Beschluss vom 11.10.2000 Rn. 22 (juris)

cxvii BVerfG a.a.O. Rn. 71

cxviii BGH VII ZB 8/81, Beschluss vom 17.12.1981, RN. 8 (juris) m. Hinweis auf BVerfGE 10, 302, S. 323

cxix vgl. Rechtsgedanken zum damaligen FGG: OLG Karlsruhe 11 Wx 20/08 Beschluss vom 17.03.2008; OLG Hamm FGPrax 206, 230; OLG München OLGR 2006, 191

cxx öffentliche Vereidigung des SV

cxxi BVerfG 2 BvR 882/09, Beschluss vom 23.03.2011

cxxii Bublitz, Psychiatrische Zwangseingriffe im Maßregelvollzug ZIS 8-9/2011

cxxiii BVerfG NJW 1998, 1774 S. 1775

cxxiv BVerfGE 58, 208 S. 226 f.

 

 

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